Donnerstag 18. Dezember 2014 // Konzert: Sven Kacirek – The Nutcracker Sessions

Einlass 20.00 // Beginn 20.30 Uhr // Eintritt 10 Euro/ 8 Euro ermäßigt
Vor & Nach dem Konzert Musik von & [Pingipung]


Die Geschichte kennt jeder: Ein kleines Mädchen bekommt zu Weihnachten einen Nussknacker geschenkt und fantasiert sich in eine Traumwelt aus Spielzeugsoldaten, Mäusekönigen und einem zuckersüßen Schlaraffenland. Die Musik zu dieser Erzählung von E. T. A. Hoffmann kennt auch jeder. Sie stammt von Pjotr Iljitsch Tschaikowski und wurde als „Der Nussknacker“ zu einem der beliebtesten Stücke der Ballettgeschichte. Tschaikowski schrieb die Musik vor knapp 125 Jahren. Der 1975 geborene Schlagzeuger, Produzent, Autor und Musikdozent Sven Kacirek hat sie jetzt neu eingespielt. Das klingt vermessen?

Ist es aber mitnichten. Denn Sven Kacirek, der bereits die Soloalben „The Palmin Sessions“, „The Kenya Sessions“ und „Scarlet Pitch Dreams“ veröffentlichte, gelingt mit „The Nutcracker Sessions“ ein spannendes Experiment. Ausgangspunkt ist folgendes Gedankenspiel: Was wäre, wenn das weltberühmte Werk aus heutiger Sicht neu arrangiert, neu komponiert, neu eingespielt und – nicht minder wichtig – neu aufgenommen und produziert würde? Aus „heutiger Sicht“ meint dabei: mit dem Wissen von all der Musik, die nach 1890 entstand und von der Tschaikowski selbstredend keine Ahnung hatte: von Stravinskys „Sacre Du Printemps“ und Arnold Schönbergs Zwölftontechnik über Edgar Varèses Entdeckung des Schlagwerks als Soloinstrument und der Entstehung der Minimal Music, bis hin zu Künstlern wie Pierre Schaeffer und John Cage, David Bowie, Frank Zappa, Miles Davis, Kraftwerk oder Aphex Twin. Sie alle veränderten Komposition und Musik in einem Maße, wie es im 19. Jahrhundert unvorstellbar war. Hinzu kamen die bahnbrechenden Entwicklungen im Bereich der Produktions- und Aufnahmetechnik.

„Die Seele des Nussknackers von Tschaikowski liegt meiner Meinung nach in der Instrumentierung wie auch in der melodisch-harmonischen Struktur“, so Kacirek. „Da ich alle Instrumente selbst einspielen wollte, musste ich die Instrumentierung Tschaikowskis komplett zerstören. Um so wichtiger erschien mir, die harmonische Struktur weitestgehend zu übernehmen und doch das Arrangement komplett zu erneuern.“ Das Ergebnis ist ein ebenso modernes wie rhythmisch vielschichtiges Klangabenteuer, das sich dem „Original“ gegenüber so manche künstlerische Freiheit erlaubt.

Ein weiterer wichtiger Bezugspunkt war für Sven Kacirek die Erzählung „Nussknacker und Mäusekönig“ von E. T. A. Hoffmann. Obwohl sich Tschaikowski stärker an der von Alexandre Dumas adaptierten Version orientierte, liefert Hoffmanns Kunstmärchen doch den Urstoff für das spätere Ballett. Kacirek bezieht sich an vielen Stellen seiner Bearbeitung sehr direkt auf diese Erzählung. Die Schlacht der vom Nussknacker angeführten Spielzeugsoldaten gegen das Heer des Mäusekönigs findet bei ihm unüberhörbar in der „Sugar Plum Fairy“ statt. Das zentrale Thema der Verwandlung zieht sich wie ein Leitmotiv durch das ganze Album. So hat Kacirek den Schlussteil seines ausladenden Pas-de-deux-Arrangements anschließend für eine einfache Spieluhr umgeschrieben, gestanzt und aufgenommen. Die selbstgebastelten Spieluhr-Passagen tauchen immer wieder auf. Sie verweisen auf die Existenz eines Originals und auf eine frühere Zeit, in der Lochplattenspieluhren die einzige Möglichkeit der Reproduktion und Vervielfältigung von Musik darstellten.

„The Nutcracker Sessions“ von Sven Kacirek ist das erste deutsche Signing des französischen Labels Naive. Das Album wurde in Hamburg aufgenommen und von Nils Frahm gemastert. Frahm: „Dieses Album ist ein Wunder. Etwas, auf das ich immer wieder zurückkommen werde. Ein akustisches Märchen.“