Einlass: 19 Uhr
Beginn: 20 Uhr
Eintritt:
Ein Abend: 8€
Beide Abende: 12€
Jazz, schon klar. Ernste Männer in Anzügen, glitzernde Saxophone, aberwitzige Arrangements, Töne auf neuen Planeten, Drogen, grosse Stimmen, Clubs mit zum Sägen dicker Luft, coole Fotos aus längst vergangenen Tagen – heute Images von Dünnbrettbohrern mit Hosenträgern und Schiebermützen, die unbedingt in das Elvis Mikrophon singen müssen (zumindest fürs Foto). Dixiland geht eh immer, zumindest auf jedem Strassenfest und jeder Autohaus Einweihung. Vinyl ist ein toller Trend, (ich hab‘ zwar keinen Plattenspieler, aber die Cover sehen so toll aus). Ein schöner Name für Parfüm und Autos, sowieso: Jazz. Überhaupt: sind wir nicht alle ein wenig Jazz? Fuck, nein.
Das JAZZ & THE EDGE OF THE PLATE- Festival ist ein Versuch. Ein Versuch Jazz als den Ausdruck für Improvisation, freie Musik und generell neue Wege zu beschreiten, zeitgemäß zu etablieren. Und das nicht auf Wollsocken oder mit einer Pfeife im Mund, sondern das Museum hinter sich lassend nach vorne zu sehen!
Die Veranstalter Harald Retzbach und Ale Dumbsky betreiben die Sendung BONUS REFERAT beim mehrfach ausgezeichneten Sender ByteFM und sie versuchen dort genau das, was jetzt in dem Festival seine fällige Ergänzung findet. Das ist manchmal zwar ein etwas schmerzhafter Spagat, aber immer eine spannende Affaire… Wo kämen wir denn hin, wenn alle sagen “wo kämen wir denn hin” – und keiner ginge zu schauen, wohin wir kämen, wenn wir gingen? Ohren auf und immer herein!
DAS PROGRAMM:
DABROCK DHONAU DUO (Hamburg)
- Geoffroy Dabrock (tb, diverses)
Manchmal finden Journalisten genau die richtigen Worte für eine Band. Stefan Hentze schrieb folgendes in der Welt: “Da hockt er nun, umgeben von einem umfangreichen Arsenal von Trommeln, Becken, Rassel und Klöterchen, und steht plötzlich im Mittelpunkt des Geschehens, einer von zwei Polen, die für die nächste Dreiviertelstunde unter Spannung stehen. Während Geoffroy Dabrock sehr sensibel und unaufdringlich seine Posaune spielt, sie mal singen lässt und dann wieder schreien, grunzen oder knurren, agiert Dirk Achim Dhonau im Raum, bewegt sich, krümmt den langen Körper oder streckt ihn, spielt abgesetzte Schläge, kurze Wirbel oder Rhythmusmuster.”
SVEN KACIREK (Hamburg)
Ein Mann mit vielen Armen: Schlagzeuger, Percussionist, Lehrer, Autor und Komponist. Keine Grenzen, kein Format.
Ein Markenzeichen seiner Musik sind die Jazzbesen-Patterns, die auf Papier, Holz und Glas Beats schaffen, die nach Sampler-Schrauberei klingen, es aber nicht sind.
„Während ich mich bei den letzten Platten viel vom Produktionsprozess habe leiten lassen, Loops schneiden, Effekte und so, ist hier alles erstmal klassisch notiert und dann ordentlich eingespielt worden”, sagt Sven Kacirek über sein Album „Scarlet Pitch Dreams”, das im April 2012 auf Pingipung erschien. Diese Handarbeit hört man den Tracks an, die nicht nur voller Details stecken, sondern auch lange Bögen erzeugen, die die Fülle der Sounds zusammenhalten.
Sven Kacirek hat in New York und Arnheim Schlagzeug studiert, mehrfach auf dem World Drum Festival gespielt und Lehrbücher zum Einsatz von Elektronik am Drum’n’Bass DrumSet veröffentlicht. Das Schlagzeug tauscht er auf seinen Pingipung Releases gegen ein eigenes Sounddesign ein, z.B. präpariertes Marimba und Klavier, oder Jazzbesen auf Glas, Papier und Holz, bei dem die Grenzen zwischen akustischer Aufnahme und elektronischer Bearbeitung verschwimmen.
TISCH 5 (Hamburg)
Seit 1986 steht der Tisch in der Hansestadt. Er ist eine verlässliche Größe in Sachen Jazz bzw. freie Musik und hat bis jetzt noch jeden weggeblasen, der/die sie live gesehen hat.
Schlagzeuger Rolf Ernst bringt ihre Haltung trefflich auf den Punkt. Sätze die so auch als Motto des Festivals gelten können:
„Sämtliche Stile und Formen erschöpfen sich nach geraumer Zeit – sie kopieren ihr eigenes Klischee. Es bleibt das Entgrenzen zur individuellen Form-Sprache. Ich male das geträumte Bild durch ständigen Wandel, durch Agieren und Reagieren mit anderen Musikern. Ich fordere und überrasche mich selbst, erfinde Spielarten – eigene Straßen und Räume – Sprache unabhängig und außerhalb von Moden, Trends u.ä.. Kein Ziel, vorgefertigt, sondern unbewusst Palette auf der nach oben offenen Richter-Skala.“