Donnerstag, 07. November 2013 // Free VLANd: DAS RITUAL DER SCHWARZEN SONNE. Ein Abend mit Gerd Roscher und Takeo Marquardt

Als es Antonin Artaud 1936 nach Mexiko verschlug, sollte diese Reise etwas in ihm aufreissen, das sich bis zu seinem Tod nicht mehr schloss: Die Erfahrung eines Ortes, zu dem seine Texte immer schon bis zur Selbstauflösung drängten. Eines Ortes, an dem sich eine Wahrheit verschwendet, die unserer Zivilisation entgeht. Die aber trotzdem nie ganz verschwinden kann, im Gegenteil, uns auf das Heftigste betrifft – in den Momenten in denen wir glauben, nicht mehr wir selbst sein zu können, die uns als Grausamkeit aus unserer sicheren Welt reissen. In der Kultur der Tarahumaras fand Artaud die rückhaltlose Öffnung auf diese Grausamkeit, an die er appellierte. Und doch blieb sie für ihn ein Appell und die Erfahrung einer Unmöglichkeit, die ihn bis zu seinem Tod in konstante psychiatrische Behandlung entließ, in der auch seine letzten Texte entstehen sollten. In ihnen entfachte er zum letzten Mal sein radikales Schlussmachen mit einer sich verleugnenden Zivilisation, bevor er selbst verglühte.
Über 50 Jahre nach Artauds Reise kehrte der Dokumentarfilmer und ehemalige HfBK-Professor Gerd Roscher immer wieder zu den Tarahumaras zurück. Was anfangs noch von einer vagen Vermutung angetrieben wurde, steigerte sich zu dem Projekt zu suchen, was Artaud hier zu suchen glaubte. “Das Ritual der schwarzen Sonne” ist Ergebnis und Dokument dieser mehrjährigen Aussetzung. Nach der Präsentation des 16mm-Films und einer kurzen Lesung aus “Schluss mit dem Gottesgericht” wollen wir gemeinsam mit Gerd Röscher ein Gespräch entstehen lassen – über die Wirkung und mögliche neue Potentialität dieses sich restlos verausgabenden Subjekts, das Artaud war und wo heute die Orte zu finden wären, an die er appellierte.
Moderiert und mit einem kurzen Vortrag eröffnet wird der Abend von Takeo Marquardt.

Weiterführende Informationen: http://www.gerdroscher.net/