Monatsarchiv für Februar 2012

 
 

17. FEBRUAR 2012 // OPAK. Salon für Größenwahn und Katerpoesie – Releaseparty zur Ausgabe #11

Beginn 20.30 Uhr (pünktlich)

OPAK. Salon für Größenwahn und Katerpoesie.
RELEASEPARTY zur #11

Live
- ROBERT STADLOBER LIEST RONALD M. SCHERNIKAU
- FLO FERNANDEZ

DJs
- ROGER BEHRENS
- LA BUL, DIE HETE UND FREUND VON FREUND VON HYSEN ZMIJANI (aka LARS BULNHEIM & CARSTEN HELLBERG)

Krypta ab 23.00 Uhr
- BOOTY CARELL (B-Music / Golden Pudel Club) & PHUONG-DAN (Gatto Musculoso / Golden Pudel Club)

“Weißt Du, was ick will maken? Ick will maken jroßes Theater – serr jroßes und auch serr kleines. Da sollen Sterns vons Himmel auftreten als Aktörs, sollen sein tiefsinnik wie altes Sokrates – noch meer tiefsinnik. Jroßes Riesendams sollen ooch kommen in schlackerndes Feuer und buntes Pfaulicht. Tanzen sollen Panthers und Kameels, Oxen und Schenies. Janzes Welt soll werden gekrempelt um. Allens maken wir dot!”
aus: Paul Scheerbart “Immer mutig!: Ein phantastischer Nilpferdroman mit dreiundachtzig merkwürdigen Geschichten”

10. FEBRUAR 2012 // RICHARD VON DER SCHULENBURG legt auf: Jazz, Jazz, Jazz

22.00 Uhr
Richard von der Schulenburg legt auf: Jazz Jazz Jazz ! Hinzu kommen Fragen wie: Was soll das Gedudel- ist das Musik? Wozu dieses Bass-Solo? Wer bläst da gerade Saxophon in mein Ohr? Was ist Jazz? —- Das wird alles nicht erklärt, sondern unbeantwortet zu Ohr getragen.
Ggf. bleibt das Klavier nicht unberührt. Kurz: Oben und unten im Golem gute Musik !

16. FEBRUAR 2012 // Konzert: DARIO’S REVENGE

17th Century Experimental Pop Music

Die Musik des frühen 17. Jahrhunderts ist die Keimzelle vieler Entwicklungen, ob Singer-Songwriter, Progressive Rock oder Jazz. Man erlebt die Emanzipation der reinen Instrumentalmusik – und viele der Stücke sind keineswegs Kopfgeburten vom Schreibtisch: sie sind aufgeschriebene Improvisationen, geboren aus unzähligen Jam Sessions über damals aktuelle Standards. Wenn jedoch einmal komponiert wird, entstehen komplexe und teils experimentelle Werke von zeitloser Modernität und Freiheit der Formgestaltung. Das ist kein Kaffeehaus-Barock – die Musik zwischen 1600 und 1670 ist eine eigene, bunte, und manchmal wilde Welt.

mit
Elisabeth Champollion – Blockflöte
Josh Keller – Viola da Gamba, Lirone
Karoline Ott – Barockgeige
Luise Manske – Dulzian
Markus Barth – Cembalo
Pedro Alcácer – Barockgitarre und Theorbe
und Tural Ismayilov – Barockposaune


[Bild: Wolfram Knelangen]

30. MÄRZ 2012 // LES TRUCS & NIS-MOMME STOCKMANN – FUCHS FRISST WELTRAUM

20.30 Uhr

Jugend dieser Stadt, die Du einst Trainingsjacken trugst und Hubert Fichte last, das könnte Dein Abend sein:

Wenn Elektro auf Literatur trifft… “Fuchs frißt Weltraum = The Story of Youth, Word and Geräusch” (o.ä.), Freitag im Golem! Mit!

Nis-Momme Stockmann wurde 1981 in Wyk auf Föhr geboren, wurde erst Tibetologe, dann Koch und ist heute der Einzige sehr junge Theaterschreiber, der jung, schnell und gut schreibt. Er hat kürzlich mit seinem Drama “Tod und Wiedergeburt der Welt meiner Eltern in mir” einen echten Knaller vorgelegt über Jugend, Flucht und Sehnsucht in Zeiten des ewigen Krisenmanagements.

Er kommt mit der Elektro-Combo LES TRUCS zu einem Gastspiel in den Golem. Das könnte Freude auslösen, und dabei auch noch ein bißchen klug sein. Wenn man sich dafür interessiert. Wer das verpassen will, bitte, es wird ja lediglich eine Sonne aus der Fusion vieler Sterne geboren… Explosion?

Die Ankündigung lautet:

Nis-Momme Stockmann und Les Trucs singen eine Geschichte.
Sie handelt vom Ende der Welt. Oder von etwas ganz anderem.
Die Hauptsache ist, alle kommen und sitzen ruhig auf ihren Stühlen und hören gefälligst was die da zu singen und zu sprechen und zu spielen haben!
Oh wie seltsam schön das klingt!
Ist das eine Glocke?
Guckt da ein Eichhörnchen hinter dem Gebüsch hervor?
Während die Zwillingsgeschwister von Les Trucs hinter einem Tisch gedeckt mit futuristisch anmutenden Geräuschgeräten sitzen, welche esoterisch wabernde Klangflächen aus Weltraumschiffpilotenkanzeln mit Exolinguistik verblenden, reiht Nis-Momme Stockmann Worte und Zeichen aneinander, welchen ein fremdartiger Sinn innewohnt.
Dann, plötzlich springen alle auf und Tanzen das Buchstabenballet, welches in ein Vokalkanon mündet.
Da lässt es sich auch gut und einfach mitsingen.

18. FEBRUAR 2012 // Krypta: GRAPEFRUIT CLUB!

23.00 Uhr

SEIDENSTICKER & SALOUR (Wareika, Ursl)

KAEL MISKO (Pizzico Rec. / Grapefruit Club)

Mal langsam. Mal schnell.
Mal sehr zart dann wieder hart . . . Grapefruit Club! . . . dance with us
into the Dark.

Die Untüchtigen in Kooperation mit OPAK – Salon für Größenwahn und Katerpoesie: Mark Greif über Occupy – Reformismus oder Revolte?

OPAK präsentierte am 05.02.2012 in Zusammenarbeit mit den Untüchtigen und der Rosa-Luxemburg-Stiftung im Golem:

OPAK – Salon für Größenwahn und Katerpoesie

Occupy – Reformismus oder Revolte?

Roger Behrens im Gespräch mit Mark Greif (Autor und Herausgeber von n+1, New York), der von den Occupy!-Protesten in den USA berichtet hat.

„Seid ihr bereit für einen Tahrir-Moment? Strömt am 17. September nach Lower Manhatten, baut Zelte, Küchen, friedliche Barrikaden und besetzt die Wall Street.“ Am 13. Juli 2011 rief das kanadische Magazin Adbusters zu Protesten auf, die ausgehend von New York schon bald das Bewusstsein der Weltöffentlichkeit erreichen sollten. Nicht zuletzt dank prominenter UnterstützerInnen und dem exzessiven Einsatz neuer Medien wuchs die Occupy-Bewegung binnen kürzester Zeit zu einer breiten internationalen Protestkoalition. Parallelen zum Arabischen Frühling wurden entdeckt, die Ereignisse in eine Reihe gestellt mit den 68er-Unruhen.

Doch woher rührt das Potenzial der Occupy-Bewegung, weltweit Menschen zu mobilisieren? Wie kann ein Zusammenschluss funktionieren, der ohne offiziellen Forderungskatalog auskommt? Verbirgt sich hinter der Kritik an den Banken eine Position, die die Ungerechtigkeit des Kapitalismus auf das Verhalten wildgewordener Spekulanten zurückführt, die es reformistisch zu bändigen gelte? Oder eröffnet Occupy die Chance einer grundlegenden Gesellschaftskritik? Was bewegt sich derzeit in New York?

Der New Yorker Essayist und Literaturwissenschaftler Mark Greif begleitet die Occupy-Bewegung seit ihren Anfängen als Chronist und Dokumentar und kommentiert das Geschehen in der eigens herausgegebenen Publikation „Occupy Gazette!“. Außerdem ist Mark Greif Mitbegründer der renommierten New Yorker Kulturzeitschrift „n+1“, veröffentlicht regelmäßig in bedeutenden englischsprachigen Zeitschriften und gilt als einer der talentiertesten amerikanischen Essayisten seiner Generation.

Von Mark Greif im Suhrkamp-Verlag erschienen: „Occupy! Die ersten Wochen in New York“, „Ein Schritt weiter. Die n+1 Anthologie“, „Hipster. Eine transatlantische Diskussion“, „Bluescreen. Essays“

Auf Spiegel-Online war hierzu zu lesen:
Occupy-Unterstützer Mark Greif
“Das hätte ich schon mit zwölf wissen sollen”
Von Christoph Twickel

Ein Essay über Hipster machte Mark Greif bekannt: Bei seiner Lesung in Hamburg war der US-Autor nun froh, über etwas anderes sprechen zu können – sein Engagement in der Occupy-Bewegung. Begeistert erzählte er vom Zuccotti-Park – und bekam prompt ein Zelt in der Hamburger City angeboten.

Am Samstag hatte er im HBC in Berlin-Mitte mit Popintellektuellen wie Thomas Meinecke eine Diskussion mit dem Titel “Hipster – Strohmänner in Jeans?” absolviert. Und auch am Montagabend in München wird der von ihm herausgegebene Suhrkamp-Band “Hipster. Eine transatlantische Diskussion” im Zentrum stehen. Er sei wirklich erleichtert, heute nicht über den Hipster sprechen zu müssen, erklärte Mark Greif, als er am Sonntag auf einem Barhocker im “Golem” am Hamburger Fischmarkt Platz nahm.

Nein, die bärtigen, Skateboard fahrenden, Hornbrillen- und Röhrenjeans tragenden Hungerhaken, die seit Ende der Neunziger die US-amerikanischen Innenstädte und Style-Magazine bevölkerten, sollten am neuen Lieblingsort der Hamburger Intelligenzia, laut Eigenwerbung “ein Ort des gepflegten Besäufnisses und des Gesprächs”, nicht Thema sein. Die dunkel-holzvertäfelte Salonkommunisten-Bar war gerammelt voll mit Menschen zwischen 25 und 45, mehrheitlich Teilnehmer des politischen Feuilletons, eher wenige Aktivisten.
Greif, den die “FAZ” mit Roland Barthes vergleicht und den die “Süddeutsche Zeitung” den “klügsten, originellsten und lustigsten amerikanischen Essayisten” der Gegenwart nennt, widmete sich in Hamburg der Occupy -Wall -Street-Bewegung. Die New Yorker Kulturzeitschrift “n+1″, deren Mitherausgeber er ist, hatte die Besetzerinnen und Besetzer des Zuccotti Parks mit einer Flugschrift begleitet. Ausgewählte Texte aus der “OWS Gazette” hat der Suhrkamp Verlag nun unter dem Titel “Occupy. Die ersten Wochen in New York. Eine Dokumentation” zu einem schmalen Bändchen gebündelt.

“Mein Leben lang hatte ich immer nur Misstrauen gegen alles Organisatorische gehegt”, schreibt Greif darin. “Also war es eine seltsame Erfahrung für mich, hier eine effiziente Versammlung zu sehen, die von junge Leuten demokratisch, offen und freundlich geleitet wurde. Wenn doch nur die Redaktionssitzungen von ‘n+1′ so laufen würden!”

Schöne Bescherung: Ausgerechnet Greif, ein Virtuose im Diagnostizieren, Ent- und Recodieren mehrfachcodierter Gegenwartsphänomene, sah sich im Zuccotti-Park mit etwas konfrontiert, das sich der popkulturellen Einordnung sperrte, weil es für ihn selbst real wurde: “Plötzlich hörte ich mich Sätze sprechen wie: ‘Ich kann leider nicht dabei sein, weil die Bewegung mich braucht’”, bekannte der Harvard-, Oxford- und Yale-Alumnus dem seinerseits staunenden Publikum.

Das hatte offensichtlich etwas anderes erwartet: Entweder einen mit Haut und Haaren involvierten Aktivisten – oder einen Intellektuellen, der die Bewegung analysiert und womöglich unterhaltsam-komplex in einen Kontext der US-Widerstandsbewegungen – von Beatniks über Hipster und Black Panther bis zum Anti-Global-Movement von Seattle – zu bringen weiß. Stattdessen zeigte Greif selbstgeknipste, wackelige Digitalbilder aus den Besetzungswochen und ergab sich selbst dem Staunen: “Schaut mal, der da rechts trägt ein Sex-Pistols-T-Shirt mit abgeschnittenen Ärmeln, aber irgendwie sieht es aus wie gerade erst gekauft!” Was das heißt? Er wusste es auch nicht.

Nicht dass hier das popkulturelle Referenzsystem komplett versagt: Zum Beispiel weiß Greif die Trommelgruppe, die das Occupy-Camp zur ausgiebigen körperlichen Grenzerfahrung nutzte und damit allen anderen mächtig auf die Nerven ging, treffsicher zu analysieren als Amalgam aus “California-style hippie dudes” und Eastcoast-HipHop-Typen mit nacktem Oberkörper sowie Percussionisten in der afrokubanisch-neoyorquinischen Tradition. Aber solche Analysen, das vermittelt Greif an diesem Abend, sind eben auch ein bisschen Schall und Rauch angesichts des sozialen Prozesses. Ein Prozess, der es möglich macht, dass die nervigen Trommelbrüder, die Studenten, die Obdachlosen und die Intellektuellen über Wochen in produktiver Protestseligkeit co-existieren. “Ich hätte niemals gedacht, dass ich in meinem Leben eine authentische soziale Bewegung miterlebe”, sagt Greif, Jahrgang 1975.

Was mit authentisch – oder “genuine”, wie er sagte – gemeint ist? Greif gehört zur Generation der Intellektuellen, für die das vielbeschworene Ende der Geschichte nach 1989 vielleicht nicht bare Münze ist – die aber auf jeden Fall Protest, Rebellion und Revolution eher als Habitus erfahren hat, als Attitüde für den popkulturellen Distinktionsgewinn. Für diese Generation ist es etwas Neues, dass eine Bewegung der Vereinzelung der Krisen- und Neoliberalismus-Opfer etwas so Reales entgegensetzen kann. Tatsächlich kommt die traurige soziale Realität in den USA dem Protestslogan “We are the 99 percent” erschreckend nahe – und die Occupy-Bewegung ist das Kollektiv, das diese Realität in Widerstand ummünzt. Symbolisch vielleicht, aber greifbar.

Astra Taylor, Filmemacherin und Occupy-Aktivistin, erzählt in dem Suhrkamp-Bändchen, wie im Zuccotti-Park eine Gruppe von Besetzern ihre Schulden auf große Papierbögen schreibt: “‘$ 42.000′, schrieb ich, und mir wurde flau im Magen. Die meiste Zeit verdränge ich die Zahl, weil ich Panik bekomme, wenn ich darüber nachdenke. Ich gab den Filzstift dem Mädchen Anfang 20 hinter mir. Neben ihren Namen schrieb sie: ‘$ 120.000′.” Eine Studie des Instituts Twentysomething.inc hat festgestellt, dass 85 Prozent der Collegeabsolventen in den USA nach ihrem Abschluss wieder bei ihren Eltern einziehen – eine Arbeitslosenrate von 54 Prozent bei Unter-25-Jährigen und die exorbitant hohen Schulden für Studienkredite zwingen sie dazu.

Im Verlauf der Besetzung hätten sich die Armutsverhältnisse immer mehr in der Geografie des Platzes abgebildete, berichtet Greif: Waren es am Anfang eher die Studenten, die ihre Zelte aufschlugen, kamen in den folgenden Wochen immer mehr Obdachlose, für die der Park zum geschützten Ort wurde. “Im Laufe der Zeit bildeten sich sozusagen zwei Lager: auf der einen Seite des Parks die Aktivisten, auf der anderen die Obdachlosen.”

Nicht zuletzt stehe die Occupy-Besetzung, so wie er sie miterlebt habe, für einen neuen, produktiven Anarchismus, den er nicht für möglich gehalten habe. “Ich gehörte zu den Leuten, die anfangs der Meinung waren, man müsse klare politische Forderungen formulieren”, so Greif. “Auf der anderen Seite standen die Anarchisten, die darauf bestanden: Wir lassen uns nicht auf dieses Spiel ein! Keine Forderungen! Und sie hatten absolut recht.”
Tatsächlich – das belegen auch die Texte in der Suhrkamp-Dokumentation – gab es sehr konkrete Forderungen, etwa nach Zurücknahme der Citizen-United-Entscheidung, der die unbegrenzte Finanzierung politischer Kampagnen durch privates Geld erlaubte. “Aber es war richtig, sich von Anfang an auf die Forderung nach echter Demokratie zu fokussieren – das machte es möglich, eine Bewegung aufzubauen aus all den Menschen, die nicht auf eine politische Richtung festgelegt waren, sondern sich dagegen empörten, dass der Staat die hochverschuldeten Banken raushaut, während sie selbst unter ihren Schulden zugrunde gingen.” Ob er sich von der Besetzung habe radikalisieren lassen? “Ich bin mir nicht sicher”, resümiert Greif. “Ich hatte mehr das Gefühl, dass ich hier Sachen gelernt habe, die ich schon als Zwölfjähriger hätte wissen sollen.”

Die jugendlichen Aktivisten von Occupy Hamburg, die tags zuvor den Apple Flagship Store am Jungfernstieg besetzt hatten, nahmen das mit der Realness zu späterer Stunde wörtlich und luden Mark Greif ein, doch die Nacht im Occupy Camp am Gertrudenkirchhof zu verbringen: “Wir haben ein Zelt für dich, Mann! Du kannst mitkommen, wenn du willst!” Ja, vielleicht sollte er das machen, antwortete der New Yorker höflich. Und hatte doch gleich zu Beginn der Veranstaltung bekannt, dass er als Schönwetter-Aktivist und “lauwarmer Liberaler” zu den Zuccotti-Besetzern gestoßen war und von daher keine Kampfes-Authentizität in Anspruch nehmen dürfe.

Die Untüchtigen in Kooperation mit »konkret« – Diskussion – Krisengipfel I: Böse Banken, braver Staat

Die Untüchtigen in Kooperation mit der Zeitschrift »Konkret«

Krisengipfel: Böse Banken – Braver Staat?
Über die neue Hoffnung auf Bewegungen und Staat diskutierten Matthias Altenburg, Thomas Ebermann, Justin Monday und Hermann L. Gremliza.

Live aus dem GOLEM am 22.01.2012.

Da die Technik versagte und die Vortragenden weder kontinuierlich direkt ins Mikrofon sprachen noch dem Techniker eine Chance zu einem notwendigen Soundcheck gegeben haben, verbleibt diese Aufnahme trotz aufwendiger Nachbearbeitung leider nur etwas für Liebhaber, wobei sich die Qualität aber nach kurzer Zeit klar verbessert.
Der Inhalts und die Analyse zwingen uns aber, diese Aufnahme trotz der qualitativen Defizite hier hinein zu stellen. Es ging an diesem Abend um folgendes:

Von Occupy über Attac bis zum CSU-Kreisverband herrscht Einigkeit: Schuld an der gegenwärtigen Krise ist eine Gangsterbande von Managern, Bankern und Spekulanten. Damit alles wieder gut wird, muß der Staat und sein Volk den Auswüchsen des deregulierten Finanz- und Raubtierkapitalismus Grenzen setzen. Karl Marx hoffte noch, Krisen würden „selbst den Glückspilzen des neuen heiligen, preußisch-deutschen Reichs Dialektik einpauken“. Bietet auch die aktuelle Finanzkrise die Chance einer emanzipatorischen Kapitalismuskritik? “Die Philosophen”, heißt es im Kommunistischen Manifest, “haben die Welt nur verschieden interpretiert; es kommt aber darauf an, sie zu verändern”.
Was aber, wenn Leute eine Welt verändern wollen, die sie falsch interpretieren?

16. MÄRZ 2012 // Krypta: MODERN SLAVES OF CONTEMPORARY CONTEXTS – YØR Release Party w/ YØR (live), Helena Hauff, Pascal Fuhlbrügge & DJ DC Schuhe

19. FEBRUAR 2012 // DIE UNTÜCHTIGEN – GESPRÄCH: ANDREAS SPEIT UND PATRICK GENSING ÜBER NAZIS, DIE NSU-MORDE, VS & POLIZEI

Präsentiert von Jungle World

20.00 Uhr – Eintritt frei

Nach dem nur durch einen Zufall aufgedeckte Taten des jahrelang ungehindert quer durch die Republik mordenden Neonazitrios (und dessen bis heute noch nicht überschaubarer Unterstützerkreis), sprach die deutsche Öffentlichkeit von einer »neuen Dimension« der Gewalt, von den Taten verirrter »Einzeltäter«.
Aber waren es nur »Einzeltäter«? Kann man sie nicht vielleicht eher als radikale Speerspitze einer neuen sozialen Bewegung ansehen, die sich ungehindert und vor den Augen der Öffentlichkeit in den letzten 20 Jahren hat entwickeln können?
Die Ermittlungsbehörden (u.a. »SOKO Bosporus«) weigerten sich über Jahre, die Täter für diese Morde außerhalb der türkischen Community zu suchen, die Medien sprachen in gewohnt rassistischer Art und Weise von den »Döner Morden«.
Nach all dem, was wir heute wissen (und dieser Stand ändert sich nahezu täglich) waren Polizei und der Inlandsgeheimdienst in einer bis dato unvorstellbaren Art und Weise in die Vorkommnisse verstrickt, haben sich gegenseitig in den Ermittlungen behindert und sogar aktive Unterstützung geleistet.

Aus diesem Anlass sehen wir die Notwendigkeit, in einem öffentlichen Rahmen das vorherrschenden Bild der Nazis als Springerstiefel tragende Skinheads zu verwerfen, über ihre aktuellen Strategien der Aneignung linker Ästhetik und Slogans zu debattieren, ihren in ihrer Ideologie im Kern verankerten Willen zur Vernichtung zu besprechen, sowie die Rolle des Staates und seiner Ermittlungsorgane.
Inwiefern ermöglichte ein sich durch die Presse, Fernsehen bis hin zu den Ermittlungsorganen durchziehende struktureller Rassismus, dass die Nazigruppe über einen solch langen Zeitraum unentdeckt morden konnte?

Warum ist die Bezeichnung »Braune Armee Fraktion« falsch, was ist der grundlegende Unterschied zwischen sogenannten »linken« und »rechten« Terror? Was wird mit dieser Gleichsetzung politisch bezweckt?
Und wie sind unter diesen Vorzeichen von Familienministerin Kristina Schröder (CDU) neu eingeführten Bekenntnisse zur Verfassungstreue für Projekte gegen Rechts zu bewerten?

ANDREAS SPEIT (Autor und Journalist (u.a. Taz)) und PATRICK GENSING (Journalist (Tagesschau) und Blogger (publikative.org)) werden zu diesen und anderen Fragen von Hans Stützer befragt.