Monatsarchiv für Februar 2012

 
 

BUCHPRÄSENTATION UND LESUNG: MALKO BONKO – »MALKONTENTISMUS VS BONKONTENTISMUS«

»eingeborener Malkontentismus: Eine grundsätzliche Unzufriedenheit mit den zeitgenössischen Kultur- und Lebensformen.«

MITSCHNITT DER LESUNG MIT IRIS MINICH & ORGELFANTASIE MIT ARVILD BAUD VOM 29. JANUAR 2012 IM GOLEM

Tu vois, il faut s‘organiser pour ne jamais travailler

Buchveröffentlichung & Lesung

Malko Bonko
Status Album 1
au service de la poésie

Flüchtige Positionierung Im Spektakulären Sturm.
Feststellungen Auf Der Suche Nach Dem Dialektischen Bild.
Von Hans Stuetzer & Club 53 (Sektion HH)

erscheint im Februar 2012 im textem Verlag hamburg

KONTENTISMO
oder »Die Puppe zeigt den Kindern was passieren kann, wenn sie Fehler machen«

Roger Behrens zu Malko_Bonko

I.
»Das ganze Leben der Gesellschaften, in welchen die modernen Produktionsbedingungen herrschen, erscheint als eine ungeheure Sammlung von Spektakeln. Alles was unmittelbar erlebt wurde, ist in eine Vorstellung entwichen.« Guy Debord, ›Die Gesellschaft des Spektakels‹, 1.
»Finsternis über Urwirbels Antlitz. Braus Gottes schwingend über dem Antlitz der Wasser.« Genesis (Moses I)
Im Anfang war das Bild: ein Antlitz von Himmel und Erde. Das Bild zeigte ein unsichtbares Chaos, ein Tohuwabohu (Buber und Rosenzweig übersetzen das mit »Irrsal und Wirrsal« (als »geistliche Leere« wie »geistige Leere«). Dieses Bild ist eine blank page; weiß und schwarz zugleich, im Sinne von unbeschrieben und dunkel: »Gott sprach: Licht werde! Licht ward.«

Die schwarze Seite wird zum Trauergrund, zur »Schädelstätte vermoderter Innerlichkeit« (Lukács). Man kann in sie hineinsehen, durch ein Fenster um Bild: ein Panorama (wörtlich »alles Sehen«). Das Panoramafenster des Berghofes 1945, ein G.I. steht im Rahmen und zeigt auf die Landschaft hinaus. Sein Arm ist lang ausgestreckt. Es könnte sein, dass er zu jenem Truppenverband gehörte, der im April fünfundvierzig Dachau befreite. Jetzt steht er hier und sieht alles. Hitler hielt sich hier noch vor kurzer Zeit auf, Farbaufnahmen wurden gemacht, der Schäferhund Blondie war auch dabei. Der Soldat zeigt heraus, als gäbe es dort etwas viel schlimmeres zu sehen als das, was seine Gefährten im Berghof selbst finden: Teile des Originaltyposkripts von Hitlers ›Mein Kampf‹. Draußen, bei Berchtesgaden, das gibt der Blick durchs Panoramafenster frei: die Berge, die Wolken. Noch im Ersten Weltkrieg wurden deutsche Juden bisweilen wegen Schwachsinnigkeit aus der Armee entlassen.

II.
Die deutsche Romantik nimmt von früh bis spät einen unheilvollen Weg. Arnim, Schlegel und Schlegel, Hölderlin, dann Büchner und Kleist, okay. Der Rest ist Kolonialgeschichte und in den deutschen Wald verliebter Autoritarismus. In den Kolonien steht der Maibaum. Der österreichische Staatsbürger Udo Jürgens singt »Lieb Vaterland« und meint Deutschland. Im Bordmagazin von Air Berlin eine Modestrecke: Models in moderner Kleidung posieren zwischen den Stehlen des Holocaust-Mahnmals. Zum Skandal wurde der Abdruck der Bilder in der Kundenzeitschrift gemacht; dass die hübschen jungen Leute mit ihren hübschen Berufen und hübschen Vorstellungen über ein erfolgreiches Leben allerdings jedes Bild in jeder Pose ebendort willfährig mitmachten, stand bei der – freilich kurzen – Empörung mitnichten zur Disposition.

In ihrer Banalität entfalten die Bilder ihre eigene Logik: Je unvermittelter sie auf die vermeintliche Faktizität eines »So ist es« insistieren, desto weniger lassen sie die Wirklichkeit erkennen, die sie dich zugleich in einen Ausdruck zwingen. Wahrheit ist nicht mehr die Übereinstimmung zwischen Begriff und Sache, sondern der Konsens über die Ähnlichkeit der Bilder: Die Menschen und Dinge werden den Bildern gleichgemacht, das Nichtbegriffliche damit ebenso wie das Begriffe selbst suspendiert. Seit den frühesten Tagen des so genannten Sensationsjournalismus korrespondiert die Schlagzeile mit dem Spektakelbild. In der Rückkopplung redundanter Ideologeme – »Die junge Frau im langen Rock dreht sich um, flüchtet vor der Polizei« oder »Die zahlreichen wie attraktiven Preise für die Tombola warten bereits auf die glücklichen Gewinner« oder »Demonstranten ›schießen‹ Laserstrahlen« – werden alle Konzepte, die einmal für den realen Humanismus etwas bedeutet haben, bis zur völligen Sinnentleerung übersteuert: »So sehen Nominierte aus!« Schließlich: »Harte Arbeit, Hingabe, Opferbereitschaft und etwas Glück«. Das Vorstellen hat zum Herstellen jeden Bezug verloren. Aus den Bildern folgt keine Praxis, nicht ihre Möglichkeit und nicht einmal ihre Unmöglichkeit. (Und deshalb ist der Satz: ›Seid realistisch, fordert das Unmögliche‹ einer, der nicht vorstellbar ist und kein Bild hat …)

»Ihr gewünschter Zielort ist zurzeit nicht verfügbar: Sie wurden zur nächstgelegenen Region teleportiert. Schließen«

III.
»Methode dieser Arbeit: literarische Montage. Ich habe nichts zu sagen. Nur zu zeigen. Ich werde nichts Wertvolles entwenden und mir keine geistvollen Formulierungen aneignen. Aber die Lumpen, den Abfall: die will ich nicht inventarisieren sondern sie auf die einzig mögliche Weise zu ihrem Rechte kommen lassen: sie verwenden.« (GS Bd. V·1, S. 574)
So fing es an (während zum Beispiel und vor allem in Frankreich die Debatte schon politisch kreißte): in der Dezember-Nummer der ›Berlinischen Monatsschrift‹ von 1783 erschien ein alles andere als aufgeklärter Text gegen die Zivilehe, der Verfasser war der Berliner Pfarrer Johann Friedrich Zöllner. »Was ist Aufklärung?«, fragte er in einer Fußnote. Die berühmteste Antwort kam ein Jahr später von Immanuel Kant, gleich mit dem Eröffnungssatz anhebend, definitorisch: »Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit.« Bereits in der vorangegangenen Ausgabe der ›Berlinischen Monatsschrift‹, September-November 1784, schrieb Moses Mendelssohn ›Über die Frage: was heißt aufklären?‹. Er bringt in seinem Text Aufklärung mit Kultur und Bildung in die kritische Konstellation: »Ich setze allezeit die Bestimmung des Menschen als Maß und Ziel aller Bestrebungen und Bemühungen, als einen Punkt, worauf wir unsere Augen richten müssen, wenn wir uns nicht verlieren wollen.« Und er fährt fort: »Eine Sprache erlangt Aufklärung durch die Wissenschaften, und erlangt Kultur durch gesellschaftlichen Umgang, Poesie und Beredtsamkeit. Durch jene wird sie geschickter zu theoretischem, durch diese zu praktischem Gebrauche. Beides zusammen gibt einer Sprache die Bildung.« Dann: »Kultur im Äußerlichen heißt Politur. Heil der Nation, deren Politur Wirkung der Kultur und Aufklärung ist, deren äußerlicher Glanz und Geschliffenheit innerliche, gediegene Echtheit zum Grunde hat!«

Für das digitale Fernsehen gibt es seit einiger Zeit bestimmte Empfangsgeräte, die an das TV-Gerät anzuschließen sind, um entsprechende Programme zu empfangen. Einstellungen per Fernbedienung, »Menü«. Alles Mögliche kann ausgewählt werden, auch die Sprachen, die zunächst auf Englisch gelistet sind: English, German, Spanish und so weiter. Auch Polish. Einmal auf German umgestellt, steht dann da, bei unserem Gerät, auf Deutsch, »Poliermittel«.

Vermutlich hat ein Übersetzungsprogramm zu diesem Fehler geführt: ein Übersetzungsfehler, kein Programmfehler. – Programm heißt wörtlich Vorschrift. Eine Vorschrift ist das Gegenteil von Aufklärung. Programme sind »technische Bilder« beziehungsweise »technisch erzeugte Bilder«. »In Form von Fotos, Filmen, Videos, Fernsehschirmen und Computerterminals« übernehmen sie eine Funktion, wie Vilém Flusser bemerkt, »welche bislang von linearen Texten eingenommen wurde, die Funktion nämlich, die für die Gesellschaft und den einzelnen lebens- wichtigen Informationen zu tragen.« (Flusser, ›Ins Universum der technischen Bilder‹, Göttingen 1999, S. 9) Wir verlieren das Vertrauen in die bisherige Zeichenordnung, die Sprache mit ihren orthografischen Regeln: »Wir erkennen in ihnen Spielregeln, die auch anders sein könnten, und mit dieser Erkenntnis zerfallen schließlich die ordnenden Fäden und kollern die Begriffe auseinander. Und zwar zerfallen der zu beschreibende Umstand zu einem Schwarm von Partikeln und Quanten und das schreibende Subjekt zu einem Schwarm von Informationsbits, Entscheidungsmomenten und Aktomen. Übrig bleiben dimensionslose Punktelemente, die weder fassbar noch vorstellbar, noch begreifbar sind – unzugänglich für Hände, Augen und Finger. Aber sie sind kalkulierbar (›calculus‹ = Steinchen) und können mittels spezieller, mit Tasten versehener Apparate gerafft (›komputiert‹) werden.« (Ebd., S. 14) Also, an anderer Stelle: »Wir denken … kalkulatorisch, wir zerlegen alles in Steinchen – calculi – und setzen diese Steinchen wieder zusammen. Zusammensetzen heißt ›komputieren‹.« (Flusser, mit Jörg Albrecht, ›Vom Ende der bürgerlichen Kultur. Ein Gespräch mit Vilém Flusser‹, in: Volker Rapsch (Hg.), ›Über Flusser‹, Düsseldorf 1990, S. 41).

»Es gibt nichts mehr zu sagen, nur noch zu zeigen!« – Das heißt: ›Bonko- / Malko-ntentismo‹ macht aus diesen Bildern ein so genanntes »Status Album«, eine Montage piktogrammatischer Aphorismen.

Wir sind in der Bibliothek des realen Sozialismus, die Wände sind mit Regalen gesäumt, alles voller Wissen in Form von Büchern. Was hier steht, ist wahr, ist richtig. Lenin schreibt: »Der Marxismus ist allmächtig, weil er wahr ist.« Das wird hier auch irgendwo an einer freien Stelle, die nicht von Buchregalen besetzt ist, an der Wand stehen. Ein roter Teppich. Darauf, mit dem Rücken uns zugewandt, ein Mann, im Anzug, ein Angestellter in Angestelltenmode. Standardisierung des Massengeschmacks. Und der Masse Geschmack zu geben, hat sich immer wieder als die schwierigste Aufgabe erwiesen, noch weitaus schwieriger als dem Bürger selbst mit Geschmack auszustatten! – Nun steht der Massengeschmack da, auf dem roten Teppich, im grauen Anzug. (Wolfgang Fritz Haug, ›Zur Kritik der Warenästhetik‹: »Der Ausweg der Herrenkonfektion aus der Krise von 1967: Wer Grau trägt, ist feige … Das Ergebnis waren Slogans, die Angstpotentiale mobilisierten, um am geltenden Standard des Aussehens des anständigen, ordentlichen und gepflegten Bürgers zu rütteln … Diese Tendenz ist innerhalb des Kapitalismus nicht abzuwenden … Sie unterwirft die gesamte Welt der brauchbaren Dinge, in der die Menschen ihre Bedürfnisse in der Sprache käuflicher Artikel artikulieren, im Zuge ihrer Einbeziehung in die monopolkapitalistische Warenproduktion einer rastlosen ästhetischen Umwälzung.«) – Der Mann steht am Tresen, wartet auf die bestellten Bücher oder gibt die geliehenen zurück. Eine Frau liest in einem Buch, unbequeme Haltung – unbequeme Lektüre. Niemand, der sich mit dem kritischen Gedanken vertraut machen will, nimmt so ein Buch zur Hand. – Bücher sind für Erwachsene, die Kinder haben als Buch die ganze Welt. Im Modell steht sie in der Bibliothek als Globus. Einem Thora-Zeiger gleich weist das Kind mit dem Finger auf Afrika. Ein zweites, älteres Kind steht daneben und lächelt bestätigend. Auf die Welt zu zeigen, ist nicht so gefährlich, wie auf ein Buch oder in einem Buch etwas zu zeigen; oder: auf die Welt zu zeigen, ist nicht so gefährlich, wie in der Welt zu leben. Einer das weiß, weil er schon einige Bücher gelesen hat – deswegen trägt er eine dicke Brille –, ist der Mann im Bildvordergrund. Er sieht aus wie Dimitri Schostakowitsch. Er trägt ein kariertes Hemd zum Jackett, so wie Ingenieure es zu tun pflegen. Einen großen Stapel Literatur hat er vor sich. Und ganz vorne liegt, aber nicht ihm zugewandt, sondern uns, die Prawda (Wahrheit). Trivial Persuit: »Geschichte – Falsch! – Richtig ist: richtig«. »Trivial« ist übrigens von ›Trivium‹ abzuleiten, die »drei Wege«, und meint die drei höchsten Fächer der sieben freien Künste (oder auch Buchkünste): Grammatik, Dialektik, Rhetorik. In der Gesellschaft des Spektakels wird man damit nichts.

»Die Bilder, die sich von jedem Aspekt des Lebens abgetrennt haben, verschmelzen in einen gemeinsamen Lauf, in dem die Einheit dieses Lebens nicht wiederhergestellt werden kann. Die teilweise betrachtete Realität entfaltet sich in ihrer eigenen allgemeinen Einheit als abgesonderte Pseudo-Welt, Objekt der bloßen Kontemplation. Die Spezialisierung der Bilder der Welt findet sich vollendet in der autonom gewordenen Bildwelt wieder, in der sich das Verlogene selbst belogen hat. Das Spektakel überhaupt ist als konkrete Verkehrung des Lebens, die eigenständige Bewegung des Unlebendigen.« Guy Debord, ›Die Gesellschaft des Spektakels‹


 

Die Untüchtigen – Gespräch mit Andreas Speit und Patrick Gensing: NAZINSU – Einzeltäter oder soziale Bewegung? Über Nazis, die NSU-Morde, VS & Polizei

NAZINSU – Einzeltäter oder soziale Bewegung?
Die Untüchtigen im Gespräch mit Andreas Speit und Patrick Gensing über Nazis, die NSU Morde, VS & Polizei.
Mitschnitt aus dem GOLEM vom 19. Februar 2012

Nach dem nur durch einen Zufall aufgedeckte Taten des jahrelang ungehindert quer durch die Republik mordenden Neonazitrios (und dessen bis heute noch nicht überschaubarer Unterstützerkreis), sprach die deutsche Öffentlichkeit von einer »neuen Dimension« der Gewalt, von den Taten verirrter »Einzeltäter«.
Aber waren es nur »Einzeltäter«? Kann man sie nicht vielleicht eher als radikale Speerspitze einer neuen sozialen Bewegung ansehen, die sich ungehindert und vor den Augen der Öffentlichkeit in den letzten 20 Jahren hat entwickeln können?
Die Ermittlungsbehörden (u.a. »SOKO Bosporus«) weigerten sich über Jahre, die Täter für diese Morde außerhalb der türkischen Community zu suchen, die Medien sprachen in gewohnt rassistischer Art und Weise von den »Döner Morden«.
Nach all dem, was wir heute wissen (und dieser Stand ändert sich nahezu täglich) waren Polizei und der Inlandsgeheimdienst in einer bis dato unvorstellbaren Art und Weise in die Vorkommnisse verstrickt, haben sich gegenseitig in den Ermittlungen behindert und sogar aktive Unterstützung geleistet.

Aus diesem Anlass sehen wir die Notwendigkeit, in einem öffentlichen Rahmen das vorherrschenden Bild der Nazis als Springerstiefel tragende Skinheads zu verwerfen, über ihre aktuellen Strategien der Aneignung linker Ästhetik und Slogans zu debattieren, ihren in ihrer Ideologie im Kern verankerten Willen zur Vernichtung zu besprechen, sowie die Rolle des Staates und seiner Ermittlungsorgane.
Inwiefern ermöglichte ein sich durch die Presse, Fernsehen bis hin zu den Ermittlungsorganen durchziehende struktureller Rassismus, dass die Nazigruppe über einen solch langen Zeitraum unentdeckt morden konnte?

Warum ist die Bezeichnung »Braune Armee Fraktion« falsch, was ist der grundlegende Unterschied zwischen sogenannten »linken« und »rechten« Terror? Was wird mit dieser Gleichsetzung politisch bezweckt?
Und wie sind unter diesen Vorzeichen von Familienministerin Kristina Schröder (CDU) neu eingeführten Bekenntnisse zur Verfassungstreue für Projekte gegen Rechts zu bewerten?

ANDREAS SPEIT (Autor und Journalist (u.a. Taz)) und PATRICK GENSING (Journalist (Tagesschau) und Blogger (publikative.org)) werden zu diesen und anderen Fragen von Hans Stützer befragt.

01. MÄRZ 2012 // Kino: POP UP FILM FESTIVAL

19.00 Uhr

Future Shorts is launching the Spring Season

World’s First Ever Global Pop-up Film Festival; for Anyone, Anywhere.
The world’s first ever global pop-up film festival, showcasing the most exciting short films from around the world.
The Spring Season’s highlights include Nash Edgerton’s Cannes and Sundance hit “Bear”, Sam Taylor-Wood’s BAFTA nominated “Love You More”
and a new work from Spike Jonze.

For more information visit http://futureshorts.com

03. MÄRZ 2012 // Krypta: JAN BOCHE (Heute kein Elektro/ Golden Pudel) & FINN JOHANNSEN (Hard Wax, D*ruffalo Hit Squad)

Beginn 23.00 Uhr

Jan Boche und Finn Johannsen legen geschmackssicher alles auf, was zwischen Soul & Disco oszilliert.
Wenn es einen Abend mit tanzbarer Musik im Golem gibt, dann auf jeden Fall heute.

Sie selbst schreiben hierzu:
Einer von beiden spielt fast nur 7″s, und mixt mindestens wie David Mancuso. Einer von beiden spielt fast nur 12″s, und mixt mindestens wie Ron Hardy. Beide haben allerdings nicht nur viel größere, sondern auch viel unberechenbarere Plattensammlungen. Diese Größe und Unberechenbarkeit ihrer Plattensammlungen setzen sie schon aus Prinzip ziemlich konsequent ein. Deswegen lässt sich nur sehr vage vorhersagen, was genau die beiden auflegen werden. Sie haben aber nachweislich jeden Edit im Original, sind überzeugte Romatiker und werden gerne von der Tanzfläche aus angeschrien. Der Eine würde zwar manchmal schon gerne wissen, was der andere mitbringt. Aber das hat eher logistische Gründe, weil er sich nicht gerne mit was doppelt abschleppt, wenn man doch noch mehr Platten nicht doppelt mitbringen könnte. Der Andere spielt einfach gerne seine Lieblingsplatten sehr laut, was erstaunlich oft mit der Gesamtsituation harmoniert. Die beiden sind sehr gute alte Freunde, und wenn sie zusammen auflegen, was leider nicht mehr so oft vorkommt wie früher, weil beide so irre geil busy sind mit ganz vielen Sachen, wurden schon viele Menschen sehr glücklich auf allen Vieren ins Morgenlicht entlassen. Und diese Menschen irren nicht nur nicht, sondern eigentlich nie. Das sagen alle.

02. MÄRZ 2012 // MR. MANDOM

DJ Mr.Mandom hat sein Zielfernrohr dabei.
Er nimmt schweigsam und vollkommen ungerührt alles ins Visier, was der franko-italienische Budget-Film in den vergangenen Jahrzehnten an Begleitmusik hervorgebracht hat. Von der Gosse Neapels bis auf die Dächer von Paris – alte Soundtracks zwischen düsterer Romantik und süffisanter Paranoia.

02. MÄRZ 2012 // Krypta: SALON DER IDIOTEN

Beginn 23.00 Uhr

House, Electronik Dingsbums plus Skurriles und Debiles gespielt von DJ Patex (School of Zuversicht/Golden Pudel Club/HH)
und Manuel Scuzzo (School of Zuversicht/HH) – bezaubernd, ambitioniert, wehrkraftzersetzend.

23. FEBRUAR 2012 // Krypta: TÜDI – LABEL RELEASE

21.00 Uhr

w/
dependance (pop mondial)
momo vs. kris alert (etb/ill)

schiffe angeln, mode schauen, musik betanzen.

nach einem erholsamen winterschlaf geht tüdi nun endlich in die erste runde.
mit tüdi.eins feiern wir unser mode label release. weite, grafische schnitte und klare formen und regionales recycling von uns, für euch, mit euch.

Die Untüchtigen – Gespräch – Roberto Ohrt: Einführung in die Situationistische Internationale

Die Untüchtigen im Gespräch mit Roberto Ohrt – Eine Einführung in die Situationistische Internationale
Mitschnitt der Veranstaltung vom 12.02.2012

»ne travaillez jamais«

Jeder kennt dieses Bild, oder zumindest diesen Ausspruch.
Doch wer waren die Situationisten, die von 1957 – bis zu ihrer Auflösung im Jahre 1972 an der Schnittstelle zwischen Kunst und Politik operierten, deren maßgebliche Rolle in den Pariser Maiunruhen von 1968 sie für eine kurze Zeit berühmt machte?
Auf dem revolutionären Programm der SI stand die Abschaffung jeder Form von Repräsentation, also die Untergrabung jeder Autorität, die Zerstörung aller Machtsymbole, die Abschaffung der Kunst, die Rückgewinnung der in der Konsum- und Warengesellschaft enteigneten Lebenswirklichkeit – kurzum der Kampf gegen die spätkapitalistischen Enteignung.
Sie kämpften mit Trinkgelagen und Straßen-Aktionen, mit Anschlägen auf Kunstwerke und den Eiffelturm, mit Anti-Filmen und Mauer-Graffitis gegen die Gesellschaft.
Ihre Ideen finden weiter Verbreitung, in der Kunst, Politik, Architektur und Pop, bis in die heutige Gegenwart hinein, ihre Methoden tauchen unter anderem in Fluxus, Punk, sowie bei den Aktionen der »Globalisierungsgegner« des 21. Jahrhunderts, auf, stehen geistig Pate für auch heute noch die Gemüter erhitzende Schriften wie »Der kommende Aufstand«.
Die SI, deren Kritik am Spektakel, begegnet uns als Referenz an so vielen Orten, dennoch bleibt es durch seine Komplexität und Radikalität für die meisten unbegreifbar.
Und dieses möchten wir mit dem Beginn einer Reihe auflösen. Es geht uns bei der ersten Veranstaltung um eine sehr grundlegende Annährung an die SI, sie aus der Ecke des Mythos herausholen, ihre Ursprünge, die Lettristische Bewegung und ihrem Vordenker, Guy Debord, zu umreißen.
Was können wir für unsere heutige politische Praxis daraus lernen?

Von Roberto Ohrt sind zu diesem Thema erschienen:

Phantom Avantgarde – Eine Geschichte der Situationistischen Internationale und der modernen Kunst

Situationistische Internationale – Der Beginn einer Epoche

Das große Spiel – Die Situationisten zwischen Politik und Kunst

25. FEBRUAR 2012 // Krypta: SALON DS

23.00 Uhr

The Kids Need Love!
Lots of Techno-Love-Songs by

Holtzova
Blessing
T.Schmid

11. MÄRZ 2012 // DIE UNTÜCHTIGEN – VORTRAG – HELLMUT HAASIS: GEORG ELSER – Wie ein Tischler beinahe den zweiten Weltkrieg verhinderte

Beginn 20.00 Uhr – Eintritt frei

Die Untüchtigen in Zusammenarbeit mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung

GEORG ELSER
wie ein Tischler beinahe den Zweiten Weltkrieg verhinderte,
mit Hellmut G. Haasis, Autor der Elser-Biografie (Nautilus)

Was Sie schon immer über das Hitler-Attentat (München 1939) wissen wollten:
Wie hat er es gemacht, der Tischler aus dem Süden?
Und das zu einer Zeit, als die meisten Deutschen noch dem „Führer“ hinterher liefen.

Elser träumte lange vor 1933 davon, Hitler in den Arm zu fallen.
Als 1936 (u.a. Olympische Spiele in München) alle in nationaler Euphorie schwelgten, bereitete sich Elser vor.
Arbeitete unerkannt in einer Rüstungsfabrik. Besorgte sich Dynamit. Wo? Wird nicht verraten. Wie schirmte er sich gegen Schnüffler ab?
Warum ging sein Anschlag um 13 Minuten daneben? Wird alles plastisch erzählt.

Elsers Leben und Tat kommen bunt daher, nun wieder erzählt von einem Schwaben. Mit seltenen Fotos von Leben und Umgebung des Tischlers. An der Grenze zur Schweiz wurde Elser erwischt. In dem einwöchigen Verhör bei der Gestapo feierte Elser viele geheim gehaltene Siege. Die Nazis waren so stark von dem Tischler beeindruckt, dass sie das Brüllen vergaßen. Die ganze NS-Führung hörte ihm fasziniert zu – und musste schweigen. Hitler traute sich nicht, dem schwäbischen Tüftler in die Augen zu schauen. Der Kripochef staunte nur, wie Elser mit dem Sprengapparat ein „Meisterstück des Tischlerhandwerks“ gelungen war.

Warum riskierte Elser sein Leben? Was hatte er für einen Charakter? Davon verstanden weder Kripo noch Gestapo etwas, nur seine Geschwister, die bis heute übersehen wurden. Die tiefste Konsequenz von Elsers Absicht: Was wäre Deutschland, Europa, den Juden und anderen erspart geblieben, wenn Elser seinen Apparat auf 14 Minuten früher eingestellt hätte? Er allein hatte die Chance, mit dem Einsturz der Decke zusammen mit Hitler die ganze Führung zu erledigen. Und das gleich bei Kriegsbeginn, nicht wie Graf Stauffenberg und seine konservativen Mitverschwörer erst zum Ende des Krieges.