Freitag 10. April 2015 // Kino: Women On Fire VII: TOP GIRL – La déformation professionelle von Tatjana Turanskyj
Einlass 20.00 Uhr // Beginn 20.30 Uhr
WOMEN ON FIRE /
Emotion / Diskurs / Intellekt
Im GOLEM zeigen wir seit Herbst 2014 monatlich einen langen oder viele kurze Filme, die exemplarisch feministische und weibliche Positionen aufzeigen und in den Diskurs bringen. Der feministische Diskurs ist längst nicht abgeschlossen, was reziprok bedeutet, daß es keinerlei Begrenzung der Zeitlichkeit der zu zeigenden Filme gibt und geben wird. Zwischen “TOWN BLOODY HALL” und “TOP GIRL – La déformation professionelle” liegen 42 Jahre und keine einzige Falte. Es werden Filme gezeigt, die Frauen in unterschiedlichen Lebenssituationen zeigen. Es sind die sogenannten Rolemodels die fehlen- Immer wieder fängt die weibliche Bewegung bei Null & von unterwegs an. Kuratorin: Maike Mia Höhne
HEUTE: Top Girl oder la déformation professionelle von Tatjana Turanskyj
Spielfilm, Deutschland, 2014, 1:39
Der zweite Teil der Trilogie von Tatjana Turanskyj und nach FLEXIBLE FRAU ist sie nun zum zweiten Mal bei WOMEN ON FIRE zu Gast. Top Girl oder la déformation professionelle hatte bei der 64. Berlinale im Forum seine Premiere gefeiert. Die ZEIT schreibt: “Was für Lars von Trier ein kultureller Skandal ist, die Abspaltung des Begehrens von der Liebe, das entsteht bei Turanskyj aus der Ökonomisierung des Intimen, wobei am Ende auch die Lust selbst verschwindet. Kapitalismus macht liebesmüde.”
Thomas Assheuer/DIE ZEIT
Und Birgit Kohler vom Forum schreibt:
“Helena (Julia Hummer), 29, alleinerziehende Mutter einer elfjährigen Tochter, ist als Schauspielerin nur mäßig erfolgreich und verdient ihren Lebensunterhalt mit Sexarbeit in einem Escort-Service. Zu ihrer Mutter (Susanne Bredehöft), einer Gesangslehrerin, hat sie ein angespanntes Verhältnis. Auch von ihrem Job ist Helena zunehmend genervt. Als sie David (RP Kahl) kennenlernt, bietet sich ihr eine Chance.
Momentaufnahmen einer zeitgenössischen, brüchigen weiblichen Arbeits-Biografie, Teil 2: Helena in Latex, Lack, Leder, Netzstrumpfhosen, mit langen Wimpern und Sexspielzeug bei der Arbeit. Männliche Kunden mit diversen sexuellen Vorlieben. Ein Casting, bei dem sie eine “notgeile“ Frau spielt. Ein postfeministischer Vortrag zu Körper, Alter, Schönheitsoperationen. Und immer wieder: Sex als Performance. Ökonomisierte Beziehungen. Körper-Bilder im Diskurs. Die Mutter steht für eine Zeit, in der “weibliche Selbstverwirklichung“ noch anders buchstabiert wurde. Die kleine Tochter sagt ein Gedicht von Heine auf. Schließlich denkt Helena sich eine neue sexuelle Dienstleistung aus, und als die Jagd beendet ist, die Frauen erlegt sind, die Männer triumphieren, steht sie da, streng, schön und unerbittlich. Wie eine absolute Herrscherin.“
Tatjana Turanskyj dekonstruiert das viel zu oft romantisch verklärte Arbeitsfeld der Prostitution. Es wird konkret und haptisch. Spürbar. Wenn Julia Hummer sich in die Hände spuckt und RP Kahl als Freier ihr seinen Arsch zuwendet, damit er bekommt, was er will und sie ihm gibt, was er will – dann überschreitet Tatjana Turanskyi in ihrer Inszenierung Grenzen, die lange schon überfällig waren. Ihr Film ist wie schon DIE FLEXIBLE FRAU angesiedelt an der Schnittstelle zwischen Theater und Film. Indem sie die Stärken beider Inszenierungen verknüpft, schafft sie einen neuen Zugang zu der alten Frage von Frau, Arbeit und Macht. Julia Hummer und RP Kahl spielen sie grandios- diese Menschen – mitten in der Mitte vom gesellschaftlichen Leben. Sex ist Performance; vor allem aber auch konkret. Und noch konkreter wenn Geld eine Rolle spielt.
Nach dem Film steht Tatjana Turanskyj für ein längeres Künstlergespräch zur Verfügung.
Wir freuen uns auf sie und Euch!