Die Untüchtigen: HANS CHRISTIAN DANY – MORGEN WERDE ICH IDIOT Kybernetik und Kontrollgesellschaft
Mitschnitt aus dem Golem vom 20. Oktober 2013.
Andreas Blechschmidt aus der Roten Flora spricht im nach einer kurzen Lesung mit Hans-Christian Dany über dessen neues Buch.
Ein heiter ätzender Spaziergang durch das Innere, die Entwicklungsgeschichte und die Albträume einer von Selbstoptimierung besessenen Gesellschaft, die ihre Kontrolle nicht mehr durch Macht, sondern durch Rückkopplung und Selbstregulation ausübt.
Dany zeigt, wie aus der Kybernetik als Modell für selbstregulierende Systeme eine Matrix der ständigen Optimierung eines jeden und der Gesellschaft geworden ist: Von der kybernetisch inspirierten Sozialpsychologie der fünfziger Jahre wanderte die Feedback-Theorie Wieners und Lewins in die Selbsterfahrungsgruppen, die sie in die WG-Küchen weiter trugen. Parallel flossen die Methoden als Social Engineering in das Management ein und später in die sozialen Netzwerke, wo das Kommunikations-Panoptikum nochmals in neuer Form zu sich fand. Jeder ist nun Beobachter aller anderen und ein von allen anderen Beobachteter. Kontrolle bedeutet nicht länger, die Kontrollierten auf einen Sollwert zu eichen, sondern einen unabschließbaren Prozess der Selbstoptimierung in Gang zu setzen. Heute formen Feedback und Transparenz zentrale Werkzeuge für Kindergarten, Schule, Konsum und Unternehmen.
Die einzige Möglichkeit, dem zu entkommen, scheint, sich der verordneten Kommunikation zu verweigern. Sich durch Sprachlosigkeit der Regulation zu entziehen, um auf der spiegelglatten Oberfläche der Transparenz ein Dickicht undurchsichtiger Inseln wuchern zu lassen.