Monatsarchiv für April 2011

 
 

27. MAI 2011 // BACK AT THE GO GO

28. MAI 2011 // KANN DENN LIEBE SYNTHIE SEIN?

Die Veranstalter sagen hierzu:

we simply can`t wait! finally we have a date for our next party!
synth galore at golem with katja and frank (LOVEGANG). dressing up welcome. dave lookalikes welcome. (that`s for you connie). we play old tunes, we play new tunes, we play pop, we play obscure. we wanna see you dance the oscillation. free entrance. xx k/f

pls
check out our new LOVEGANG website/blog:
www.lovegang.net

and meet the machines here:
www.synthesizerstudio.com

03. JUNI 2011 // FEEDBACK FEVER Shoegazer Allnighter

 

Der Pressetext besagt:

 

Zum dritten Male jährt sich Nordeutschlands einzigartiger Shoegazer-Allnighter, der FEEDBACK FEVER! Der Abend beginnt um 19.30 h auf der
MS CLAUDIA, wo die großartigen Noise-Psychedelia-Shoegazer und NME-Lieblinge, THE TAMBORINES, aus London exklusiv live aufspielen werden!
Die Band gilt 2011 mit ihrem Debutalbum “Camera & Tremor” als eine der
besten und wichtigsten Indie-Neuentdeckungen aus UK!
Dazu wird dieser herrlich psychedelische Bootstrip musikalisch von
Top-Indie/Shoegazer-DJ’s begleitet. Bis 0.00 h schippert die Gemeinde
dann durch den Hafen, ehe es dann um 0.00 h mit dem Allnighter im GOLEM
(Große Elbstrasse 14) weitergeht. Dort gibt sich live einer der wohl einflussreichsten Indie-Ikonen der 90er Jahre, MARK GARDENER, live die Ehre!
Mit seiner Band RIDE gilt er neben Kevin Shields (My bloody Valentine) und Morrissey sicher zu DEN Wegbereitern des heutigen Indiepops! Exklusiv wird
er somit im GOLEM ein Konzert geben und wird von seinem alten Weggefährten
ANDY BELL ( Oasis / Beady Eye) begleitet!
Danach startet dann im Golem der Shoegazer-Allnighter durch.

17. JUNI 2011 // 3 NORMAL BEATLES

Die Herren spielen ab 22.00 Uhr bei uns auf, es kostet mal wieder keinen Eintritt (freiwillige Opfergaben sind gerne gesehen und erleichtern uns und den Künstlern das Leben), und das behaupten sie selbst von sich – machen Sie einfach die Probe aufs Exempel, ob sie ihr Wort werden halten können:

Leute machen wir uns nichts vor: Rock n Roll ist mausetot. Die Versuche von Bands wie Kaiser Chiefs, Strokes oder Wolfmother den faden Gesten aus einer untergegangenen Zivilisation noch ein weiteres Mal Leben einzuhauchen erscheinen in etwa so idiotisch wie die Idee Neuschwanstein in Disneyland aufzubauen, oder ein Hohenzollernschloss in der Mitte Berlins.

Als sich 1992 Ted Gaier, Psycho 1 und Klaus Ramcke, der König der Mods, zum ersten Mal auf die Reeperbahn stellen, ist ihnen dieser Sachverhalt bereits klar. Wer Style hat braucht nicht davon zu reden. Er kann sich aufs Wesentliche konzentrieren. Denn wenn an diesem abgenagten Knochen noch irgendwas brauchbares zu holen sein soll, muss man zum eigentlichen Kern des Ganzen vorstossen. Zu dem, was Regierungen und Eltern das Fürchten lehrte und was Millionen Menschenleben verändert hat: zur Hysterie, zum unvorhersehbaren, riskanten Moment, zur Extase. Zurückgreifend auf ein Repertoire von ca. 95 schlampig eingeprobten R & B Stücken, gespielt in britischen Versionen der mid-60er und auf klapprigem, unsammlerisch zusammengestelltem Instrumentarium stehen sie da. Oft bis zum Morgengrauen, sich und die Hängengebliebenen in Trance spielend wie Hare Krishnas oder eine moldawische Hochzeitskapelle. Egalitär, angreifbar, stolz und laut.

Rohe Gebrauchsmusik die durch das kollektive Gedächtnis verschiedener Generationen zu so etwas wird wie einer universellen Folklore ohne Heimatland. In den Menschentrauben sieht man Obdachlose, Kieztouristen, Mojo-Clubgänger, Rocktypen, Pudelmenschen. Ramcke´s Ansagen weiten sich aus zu philosophischen Diskursen, pöbelhaften Zwiegesprächen, bizarrem interaktivem Strassentheater. Mit den Jahren folgen Umbesetzungen, 8 Jahre lang spielt Thomas Wenzel den Bass, seit 4 Jahren Thorsten Seif. Die 4- 8 Stunden Shows verlagern sich zusehends in geschlossene Räume.

Die 3 normal beatles spielen in Rock Clubs, besetzten Häusern, Technoläden, Theatern und Dorfgaststätten. Auf Hochzeiten, Yuppieparties und Filmfestivals.

Irgendwo in einer Ecke hingestellt ohne den Schutz einer Bühne oder die Sicherheit einer PA. In Verweigerung der Macht, nur für den Moment. Von Angesicht zu Angesicht in zerrissenen Anzügen. Hüter eines verlorenen Schatzes von dem Oldieradiohörer und streberhafte Coolnessfüchse keine Ahnung haben.


20. AUGUST 2011 // HAMBURG VERRECKE – mit DOUGLAS CAMPBELL

 

Hochverehrtes Publikum! Wir feiern das Selbstexil im samtenen Abendkleid mit Champagner, spitzenmäßigen Drinks und illustren Gästen.

Wenn sich ein blaues Licht über die Stadt legt, die Garderobe im Wind flattert, die Flickjoppe sitzt und die Schuhe geputzt sind, dann stellt man sich ja doch immer ein dionysisches Vergnügen vor, das kommen mag, so, als wäre es die letzte Nacht. Peng! Trinken wir auf den Untergang der abendländischen Kultur!

Im Golem kommt es zu tanzbarer Musik abseits ausgetretener elektronischer Pfade mit Discjockeys unseres Vertrauens, eventuell bestechend guten Getränken und einem unverfrorenen Umgang mit alledem. Hinfort mit all der Authentizität zum Tanzabend im Golem!

Heute Abend mit Douglas Campbell.

 

05. MAI 2011 // BRUCE LA BRUCE – Diskussion & Filmscreening // Live: “ATTACK OF THE MAD AXEMAN” – Im Anschluss DJ-Set von Bruce La Bruce und Jonathan Johnson

Bruce La Bruce – Diskussion & Filmscreening // Live: “Attack of the mad axeman” – Im Anschluss DJ-Set von Bruce La Bruce und Jonathan Johnson
Der kanadische Zombie & Porno-Filmemacher, Autor und Fotograf Bruce La Bruce (The Raspberry Reich, L.A. Zombie, Hustler White oder Otto; or, Up with Dead People) gastiert anlässlich des auf Kampnagel stattfindenden 3-tägigen Kongresses “Die Untoten – Life Sciences & Pulp Fiction” in der Stadt, um in diesem Rahmen seinen neuen Film “Ulrike’s Brain” herzustellen.
Neben eines Screenings von “L.A. Zombie” im Hamburger Kunstverein wird er am 5. Mai im Golem zu gast sein, um mit dem  Hamburger Künstler Hans Stützer über sein Schaffen zu sprechen und einen Film aus seinem Repertoire zu zeigen.
Im Anschluss spielt die Animal-Grind Band “Attack of the mad axeman“, bestehend aus einer Schnecke, einer Biene, einer Schildkröte, einem Eichhörnchen und einem Waschbären (oder so), eines ihrer interessanten Konzerte gefolgt von Bruce La Bruce und Jonathan Johnson an den Plattenreglern.
Frühes kommen garantiert vollkommenden Genuss.

 

Ein Interview mit Bruce La Bruce aus KONKRET 09/2010:

 

Pornostar sind die letzten Revolutionäre

 

KONKRET sprach mit dem schwulen Filmemacher Bruce La Bruce über Gender-Terrorismus, die Verspießerung der Schwulenbewegung und über seinen neuen Film „L.A. Zombie“, der gerade in Locarno Premiere feierte, aber beim Melbourne International Film Festival von der Zensur verbannt wurde.

 

KONKRET: Judith Butler hat den ihr vom diesjährigen Berliner CSD verliehenen „Courage”-Preis abgelehnt, weil die Veranstalter sich nicht klar genug von den rassistischen Tendenzen innerhalb der Schwulenszene abgegrenzt hatten. Hätten Sie den Preis angenommen?

LA BRUCE: Ich bewundere Judith Butler dafür, daß sie den Preis zurückgewiesen hat, denn das hat bestimmt viel Mut erfordert. Aber diese Kämpfe sind nichts Neues. Spätestens seit den Achtzigern wird die Schwulenbewegung in Westeuropa, den USA und Kanada von vornehmlich weißen, männlichen, bourgeoisen, konservativen Vorstellungen bestimmt, und seit damals dreht sich auch mein Leben und Arbeiten vor allem darum, diese bourgeoisen Tendenzen innerhalb der Schwulenbewegung und deren Kapitulation vor der herrschenden rassistischen und sexistischen Ideologie zu bekämpfen.

Darum habe ich nie irgendeiner orthodoxen Schwulenbewegung zugehörig gefühlt. Mir war schon sehr früh klar, daß sich dort die selbe fundamentale Disikriminierung und Ungleichheit manifestierte, die die Kultur insgesamt prägen.

Ich war immer gegen eineTrennung der Geschlechter und gegen die unter Schwulen verbreitete Frauenfeindlichkeit. Ich habe immer Transsexualismus und andere Formen von „Gender-Terrorismus“ unterstützt – es sei denn, auch die wollten wieder nur Stereotype bekräftigen. In „J.D.s“, dem Fanzine das ich und G.B. Jones in den späten Achtzigern herausgegeben haben, haben wir gegen das schwule, weiße, männliche Establishment gekämpft. Auf unseren Titeln posierten Männer und Frauen unterschiedlicher Hautfarbe miteinander, was damals unerhört war – und eigentlich auch heute noch unerhört ist.

Also: Ja, ich habe mir meine Glaubwürdigkeit auf diesem Gebiet redlich verdient. Ob ich den Preis abgelehnt hätte? Das ist eine rein akademische Frage. Niemand verleiht einem kleinen Pornographen wie mir solche Preise. Ich hab nie den Teddy gewonnen, Honey. Ich bin politisch viel zu unkorrekt, um irgendwelche bedeutenden Preise zu gewinnen – ob schwul oder nicht.

KONKRET: Butler hat kritisiert, die Schwulenszene lasse sich in einen rassistischen Krieg gegen Moslems instrumentalisieren. In Ihrem schwulen Zombiefilm „Otto, or Up with Dead People“ gibt es einige Szenen, die zeigen, warum Otto es vorzieht, ein Zombie zu sein: Er wird von vorwiegend türkischen Jugendlichen bedroht und angegriffen.

LA BRUCE: Sie haben Ihren Syllogismus nicht zu Ende geführt! Das ist ja eher ein Vorwurf als eine Frage! Mein Gott, diese Form politisch korrekter Repräsentationskontrolle – ich könnte kotzen. Immerhin wurde ich nach dem 11. September angegriffen, weil ich in meiner Kolumne für eine freie Wochenzeitung in Toronto den Islam verteidigt hatte und offen zu meiner damaligen Beziehung mit einem strenggläubigen Moslem stand. Darum ärgert mich eine so kleinliche Beurteilung meiner Arbeiten. Das Verhältnis von Homosexualität und Islam ist viel zu komplex für so ein Interview. Vielleicht genügt es hier zu sagen, daß ich mich wie viele homosexuelle Männer zu der so manifesten wie fließenden Homosexualität muslimischer Kulturen, die sich jeder Form des politischen Bewußtseins widersetzt, hingezogen fühle, während mich die offensichtliche Homophobie, die dieselben Kulturen gegen all jene Männer richtet, die sich als schwul identifizieren, zugleich abstößt. Das ist ein schwer lösbares Paradox. Die Vorstellung, man müsse muslimischen Kulturen ein westliches und “aufgeklärtes” schwules politisches Bewußtsein aufzwingen, ist so überheblich wie lächerlich, vor allem weil ja die westliche Schwulenbewegung selbst nicht frei ist von sozialer Diskriminierung, Rassismus und Sexismus. Trotzdem kann man das Problem von Homophobie in muslimischen Kulturen nicht einfach schönreden, insbesondere wenn es sich in Aggression und Gewalt manifestiert.

Sicher habe ich als Schwuler mehr Angst davor, in BerIin von weißen Neonazis zusammengeschlagen zu werden als von türkischen Jugendlichen. Aber das heißt nicht, daß es in der türkischen Gemeinde keine Homophobie gibt. Es gibt sie! Die Jungen, die in meinem Film den schwulen Zombie Otto zusammenschlagen, sind türkisch, weil die Szene auf den Straßen Kreuzbergs spielt. Ich habe befürchtet, daß das fälschlicherweise als rassistisch interpretieret werden könnte, und habe, um deutlich zu machen, daß Homophobie in allen Kulturen verbreitet ist, noch einen weißen Jungen hinzugefügt. Hätte ich für eine ausgewogene Darstellung statt einem zwei Weiße nehmen sollen? Wenn man als Künstler anfängt, seine Darstellung derart zu kontrollieren, bloß um politisch korrekt zu sein, kann man’s auch sein lassen.

KONKRET: Wie homophob ist die Linke heute?

LA BRUCE: Ich weiß ja nicht mal, wie Sie von „der Linken“ noch sprechen können, so als wäre das etwas Monolithisches und in sich Geschlossenes. Die Linke ist, meiner bescheidenen Meinung nach, prakisch tot. Halten Sie etwa die Neoliberalen, deren antisozialistische Wirtschaftspolitik oftmals mit gesellschaftsliberalen Werten zusammengeht, für einen Teil der Linken?

In Amerika wenigstens hat der allgemeine Trend der Schwulenbewegung zu Verspießerung und Assimilation eine Welle von Homophobie ausgelöst.

Homosexuelle kaufen sich noch in die konservativsten Institutionen der herrschenden Kultur – Ehe, Militär, Religion usw. – ein, aber die konservative, vorwiegend christliche Rechte will sie aus moralischen Gründen nicht haben. Diese – meist christlichen – schwulen Assimilationsverfechter haben mit klassisch linker Ideologie nichts mehr zu tun. Sie hoffen bloß noch, durch den Beweis, sich durch nichts von ihren Unterdrückern zu unterscheiden, deren soziale und legale Akzeptanz zu gewinnen. So sieht die neue Normalität aus. Man könnte sagen, daß es heute eine neue Form der Homophobie innerhalb der schwulen Kultur gibt, die sich gegen die “schlechten“ Repräsentanten von Homosexualität richtet – nach dem Motto: Es sind die Schwuchteln, die Homosexualität in Verruf bringen! Glücklicherweise bin ich ein Pionier in dieser Kategorie.

KONKRET: In „Raspberry Reich“ sagt die Revolutionärin Gudrun: „Ohne sexuelle Revolution kann es keine Revolution geben!“

LA BRUCE: Hey, das Konzept hab’ ja nicht ich erfunden. Schon Godard hat gesagt: „Le cul, c’est la politique“, und auch Jean Genet hat seine (Homo-) Sexualität revolutionär eingesetzt. Revolutionen wollen soziale und sexuelle Konventionen in Frage stellen. Ursprünglich – also vor der Assimilation – richtete sich die Schwulenbewegung gegen jede Form sexueller Konvention. Es waren die Sissies und Transen, die an der Spitze dieser Bewegung standen, die alle entrechteten Minderheiten aller Hautfarben und Geschlechter willkommen hieß. Lesbische Separatisten experimentierten mit einem militanten Feminismus, der jede Form des Patriarchats ablehnte. Die schwulen Ledermänner der Siebziger und Achtziger waren stilvolle, militante Krieger, die alle Formen sexueller Normalität, Gruppensex und Sex in der Offentlichkeit, zügellose Promiskuität und sexuelle Anarchie stolz zur Schau trugen. Auch der frühe Punk geht auf sexuelles Experimentieren, Homosexualität, Bisexualität, Genderdysphorie zurück und wurde erst später sexuell konventioneller. Sie haben den wichtigsten Teil von Gudruns Äußerung ausgelassen: “Ohne homosexuelle Revolution wird es keine sexuelle Revolution geben.“ Das Problem vieler Linker ist, daß sie die sexuelle Frage für eine reine Ablenkung von der den Status quo in Frage stellenden Revolution halten. Das Gegenteil ist richtig: Erst wenn man sich von solchen engstirnigen und spießigen Vorstellungen wie Monogamie, Treue- und Heterosexualität verabschiedet hat, kann man ein wirklicher Revolutionär werden. Das hat auch Gudrun gesagt, aber ich glaube, da ist viel Wahres dran.

KONKRET: lst heterosexueller Geschlechtsverkehr für Sie per se unterdrückerisch?

LA BRUCE: Für wen halten Sie mich – Andrea Dworkin? Nein, ich bin sicher kein feministischer Pornogegner. Ich glaube nicht, daß heterosexueller Verkehr und Vergewaltigung dasselbe sind. Und ich glaube auch nicht, daß ein Mann eine Frau erniedrigt, wenn er ihr außerhalb eines Friseursalons ein Facial gibt, also auf ihrem Gesicht kommt. Wie können Sie mir ernsthaft eine solche Frage stellen? Als internationaler Pornograph bin ich für jede Form des Fickens, sogar die heterosexuellen Varianten.

KONKRET: In einem Blog war zu lesen: „Die Tatsache, daß sich heterosexuelle Pornographie so sehr auf Unterwerfung konzentriert, erklärt sich nur mit dem wimmernden Wunsch nach Liebe – allerdings nach der Liebe anderer Männer.“ Sind die Phantasien heterosexueller Männer bestimmt von dem verdrängten Wunsch, von anderen Männern geliebt zu werden?

LA BRUCE: Ich bin kein strikter Freudianer, aber ich bin ein Freud-Sympathisant, und ein Freudscher Grundsatz, an den ich glaube, ist die Entwertung des Liebesobjeks. Um mit jemandem Sex zu haben, muß man ihn – unabhängig von Geschlecht oder Gender – auf die eine oder andere Weise verdinglichen. Sex ist ein aggressiver, primitiver Trieb, und Beherrschung und Unterwerfung sind dem sexuellen Akt inhärent. Meinten Sie mit Ihrer Frage vielleicht, ob alle Männer Schwuchteln sind? – Wahrscheinlich ist es so.

KONKRET: Wie kommt es, daß Frauen in lhren Filmen so oft theatralische Kämpfer für Freiheit und Gleichheit sind, die dann ihre ldeale verraten? Ist das Ihrer Meinung nach, ein typisch „weiblicher” Zug?

LA BRUCE: Sagen wir mal so:Traditionell erwartet das Mainstreamkino von schwulen Männern, daß sie, nach dem sie in ein paar schwulen Filmen ihren jugendlichen Übermut ausgelebt haben, reif sind für die massentauglichere, heterosexuelle Kost. Um diesen Erwartungen nachzukommen, erzählen schwule Regisseure ihre Filme oft aus Sicht einer heterosexuellen Heldin, auf die sie ihre Gefühle und Ästhetik projizieren können. Diese Tradition reicht von den Regisseuren des klassischen Hollywood wie George Cukor und Vincente Minnelli (Minnelli ging mit der Identifikation soweit, daß er Judy Garland, seine Hauptdarstellerin, ehelichte!) bis zu modemeren Beispielen wieTodd Haynes. Den Rahmen bildet oftmals das Melodram, in dem der schwule Regisseur in barocker Identifikation mit dem weiblichen Opfer mitleidet. Obwohl ich diese Charakere durch und durch genießen kann, wollte ich in meinen eigenen Filmen die Dinge ein bißchen anders machen. Meine weiblichen Heldinnen sind willensstark, aggressiv, intellektuell und feministisch. Es erstaunt mich , daß bei der Beschreibung dieser Frauen niemand auf diese Adjekive kommt, sondern meistens auf hysterisch,theatralisch und schrill.

Gudrun zum Beispiel ist ohne Frage ein schwieriger Charakter, dessen Vorhaben letztlich scheitert. Aber ihre Absichten sind gut, und ihre Versuche, aus der spießigen Normalität auszubrechen, sind sehr liebenswert, zumindest für mich. Viele meiner weiblichen Charaktere machen außerdem Filme. Sie versuchen,die Darstellung zu kontrollieren, und benutzen die Kamera, um sich der Selbstverdinglichung zu widersetzen. Es gibt nicht viele Filme, die solche starken weiblichen Charaktere zeigen, und falls sie besonders viele Makel haben, dann liegt das wahrscheinlich daran, daß sie meine ldentifikationsfiguren sind. Ihre Fehler sind meine Fehler.

KONKRET: Dann nehmen Sie die in lhren Filmen geäußerten politischen Überzeugungen also nicht zurück, weil Sie sie diesen etwas problematischen Charakteren in den Mund legen?

LA BRUCE: Ich bin jetzt seit sechs Jahren mit einem Kubaner zusammen, und als wir uns kennenlernten, hat er mich unermüdlich wegen meines „revolutionären“ Posierens aufgezogen. Immerhin hatte er unter Castro gelebt, bis er mit dreißig Kuba verlassen hat. Er wußte also aus eigener Erfahrung, was Revolution bedeutet. Ich dagegen hatte, obwohl ich in einer ländlichen und proletarischen Umwelt aufgewachsen war, nur das privilegierte Leben eines Weißen und relativen Wohlstand kennengelernt. Was meinem Freund auffiel, als er sich „Rasperry Reich“ anschaute war, daß ich in dem Film eingestand, daß für viele Menschen in der westlichen Welt „Revolution“ eine Art Fetisch und eine schicke Pose ist. Das muß nicht bedeuten, daß sie nicht tatsächlich einen aufrichtigen Glauben an die Revolution haben. Doch bis man nicht „seinen Marxismus dahin tut, wo der Mund ist“, wie Gudrun sagt, ist das alles bloß Rhetorik und Deko. Ich lasse also die überzeugendsten Statements von meinen korruptesten Charakteren machen,weil ich selbst in mancher Hinsicht korrupt bin.

KONKRET: Wie können Sie von Ihren Schauspielern verlangen, vor der Kamera Sex zuhaben, ohne ihre Persönlichkeitsrechte zu verletzen?

LA BRUCE: Oh, Ihre Fragen sind so aggressiv, das macht mich echt an! Als ich anfing, Filme zu machen, habe ich aus Prinzip nie von jemandem etwas verlangt, was ich nicht selbst tun würde. Darum habe ich in meinen ersten zwei Filmen, „No Skin Off My Ass“ und „Super 8 1/2“ selbst explizite Sexszenen gespielt. Die gesellschaftliche Haltung zur Pornographie ist von einer Doppelmoral bestimmt: Man konsumiert Pornos geradezu unersättlich, rümpft aber die Nase über diejenigen, die Pornos machen oder darin mitspielen. Sogar in der seriösen Kunst- und Filmwelt ist es schwer, ernstgenommen zu werden und zu arbeiten, wenn man zu eng mit Pornographie in Verbindung gebracht wird. Ich arbeite bei Filmen, die man gemeinhin als Pornos bezeichnet, ausschließlich mit professionellen Pornodarstellern zusammen, die genau wissen,was und warum sie es tun. In „The Raspberry Reich“ habe ich Susanne Sachsse gefragt, ob ihr wohl dabei wäre, expliziten Sex vor der Kamera zu haben, und ich habe ihr gesagt, daß diese Entscheidung allein bei ihr liege. Wir waren uns dann einig, daß die Aussage des Films – seine uneingeschränkte Überzeugung von der Notwendigkeit einer sexuellen Revolution sehr viel zwingender rüberkäme, wenn sie echten Sex hätte. Aus diesem Grund wurde sie danach aus ihrer Agentur geworfen. Ich weiß aber, daß sie sehr stolz auf den Film ist und ihre Entscheidung nicht bereut. Für „Otto“ habe ich den Hauptdarsteller, Jey Crisfar, gefragt,ob er explizite Sexszenen spielen würde. Er hat sich dagegen entschieden, und so ist der Film auch weniger pornographisch geworden als beabsichtigt. Das ist einer der Gründe, weshalb ich jetzt noch einen schwulen Zombiefilm gemacht habe. Mit „L.A. Zombie” löse ich mein Versprechen ein, einen richtig blutigen schwulen Hardcore-Zombieporno zu machen.

KONKRET: Denken Sie wirklich, das Pornographie subversives Potential hat?

LA BRUCE: Auf jeden Fall. Wir wissen, daß auch die junge Gudrun Ensslin einen sexuell expliziten Film gemacht hat, weil ihr das revolutionäre Potential solcher Bilder bewußt war. Viele Pornos aus den Sechzigern und Siebzigern sind sowohl inhaltlich als auch formal subversiv.Schwule Pornographie hat Regisseure wie Peter De Rome, Fred Halsted, Wakefield Poole, Curt Mc Dowell, Jack Deveau heworgebracht, die sehr experimentell und subversiv die Grenzen schwuler Repräsentation und sexueller Dekadenz und Militanz ausgereizt haben. Ich finde es erstaunlich, daß nicht mehr Leute versuchen, ihre ideologischen und politischen Vorstellungen durch Pornographie zu vermitteln. Was die Schwulenbewegung betrifft, würde ich sogar sagen, daß Pornostars die letzten wahren sexuellen Revolutionäre sind.

Ob das bewußt oder unbewußt – sind sie diejenigen, die die Tradition von kompromißlosem, militantem schwulem Hardcoresex fortführen.

KONKRET: Ich habe Ihre Filme mit Freunden angeschaut. Ich fand sie satirisch und ironisch. Meine Freunde waren anderer Meinung: Es handle sich bloß um schlechte Schauspielerei, konventionelle Pornoszenen und tolle Slogans und Ideen. Sind Ihre Filme witzig? Und wenn ja, warum? Soll das Komische die politische Botschaft und die Pornographie dialektisch brechen?

LA BRUCE: Wow, Ihre Freunde müssen ja echt bourgeois sein! Wann immer ich die Worte „schlechte Schauspielerei“ höre, greife ich nach meiner Pistole (um einen gewissen Nazi zu paraphrasieren)! Ich finde es lustig, wenn man mir vorwirft, in meinen Filmen werde schlecht gespielt. Erstens habe ich ein so kleines Budget, daß ich mir den Luxus von Proben nicht erlauben kann. Zweitens arbeite ich oft mit Leuten, die keine oder zumindest keine richtige Schauspielerfahrung haben, und dann lasse ich sie die kompliziertesten, undurchsichtigsten Dialogesprechen, die sogar professionelle Schauspieler nur mit Mühe überzeugend wiedergeben könnten. Drittens mag ich die grundlegend Brechtsche Qualität schlechter Schauspielerei. Und schließlich finde ich das übermäßig gefühlsgeladene, realistische Schauspiel, das man im narrativen Mainstreamkino sieht und das die meisten als „gut“ bezeichnen würden, grauenhaft. Es überrascht mich, daß sogar Menschen, die für sich einen unkonventionellen oder gar radikalen Geschmack beanspruchen, anscheinend all ihre kritischen Fähigkeiten an der Kinokasse abgeben, ehe sie sich die geistlosesten, massentauglichsten und spießigsten Filme anschauen.

Das Komische hingegen ist ein großartiger Gleichmacher. Besonders Slapstick kann Klassenunterschiede einebnen. In meinen Filmen mache ich viel Gebrauch vom Komischen, auch weil die Leute dazu neigen, Pornos viel zu ernst zunehmen: Über Pornos macht man nämlich keine Witze, und man macht auch nicht auf die Mechanik des Genres und des sexuellen Aktes aufmerksam – dabei kann die sehr komisch sein! Das Komische erlaubt es einem außerdem, wichtige politische Argumente zu bringen, ohne dabei wie ein dogmatisches, schulmeisterliches Arschloch zu klingen, wozu ich unglücklicherweise manch mal neige, wenn ich nicht aufpasse.

KONKRET: Warum spielen so viele Ihrer FiIme in Deutschland und beziehen sich ausdrücklich auf die deutsche Geschichte. Sind Deutschland und seine Geschichte eineArt Fetisch?

LA BRUCE: Na ja, Deutschland hat den weltgrößten und haltbarsten Fetisch aller Zeiten hervorgebracht: den Nazismus! Den Großvater aller Fe-tische! Auf dieser Vorstellung vom Superfetisch, vom ultimativen Tabu, von der ultimativ politisch unkorrekten, sexuellen Phantasie basieren sowohl mein Spielfilm „Skin Flick“ als auch dessen Hardcorepornoversion „Skin Gang”.

KONKRET: Nachdem ihn eine zärtliche Liebesszene wieder zum Leben erweckt hat, entscheidet Otto sich, doch lieber zum Zombiedasein zurückzukehren. Gibt es Liebe im Kapitalismus?

LA BRUCE: In einem Wort: Nein. In einer Gesellschaft, die Materialismus statt Spiritualismus predigt, die Schwachen sterben läßt und in der Eigentum mehr wert ist als der Mensch, kann es keine Liebe geben. Überhaupt keine.

 

 


25. MAI 2011 // DIE UNTÜCHTIGEN präsentiert: “DER KOMMENDE AUFSTAND” – Gespräch und Diskussion mit Karl-Heinz Dellwo, Thomas Ebermann, Andreas Blechschmidt, Hanna Mittelstädt

 

DER KOMMENDE AUFSTAND

Gespräch und Diskussion mit Hanna Mittelstädt, Karl-Heinz Dellwo, Andreas Blechschmidt und Thomas Ebermann
Moderation: Ole Frahm

20.00 Uhr

 

Kein Buch der letzten Jahre hat so viele verschiedene wie überraschende Reaktionen hervorgerufen wie “Der kommende Aufstand” des Unsichtbaren Kommitees.

Die bürgerlichen Feuilletons begrüßten diese Kritik am Ganzen emphatisch als wollten sie den Aufruf zur Gewalt gegen die bürgerlichen Instiutionen wegreden.
Andere schmähten den Band wegen angeblich rechter Motive, die philosophischen Diskussionen im Frankreich der letzten Jahrzehnte geflissentlich ignorierend.

Greift “Der kommende Aufstand” mit seiner Großmäuligkeit in die autonome Mottenkiste oder wird hier ein großer Wurf gewagt, kommende Revolten vorzubereiten?
Das Buch wurde viel gelesen, aber wenig öffentlich diskutiert.
Nachdem sich der Staub der Aufregung ein wenig gelegt hat, wollen wir dies hiermit nachholen.

Der Eintritt ist frei.

Wer es als ganzes noch einmal vorher lesen möchte: Der kommende Aufstand

10. JUNI 2011 // HAUSCHKA – Solo-Piano-Live-Begleitung zu “VAMPYR – DER TRAUM DES ALLAN GRAY”

HAUSCHKA, Solo-Piano-Live-Begleitung zu

“Vampyr – Der Traum des Allan Gray”,
Regie: Carl Theodor Dreyer, Stummfilm von 1932

Einlass 20.00 Uhr, Beginn 20.30 Uhr

Eintritt frei, wir bitten aber dem Künstler in Form von Golddublonen, Escudos, Talern, Erstgeborenen, Beifall oder Liebe Tribut zu zollen.

http://www.hauschka-net.de/

Im Internet finden sich hierzu folgende Stimmen:

“Vampyr” gilt als ein früher Klassiker des Horrorgenres und ein Meilenstein der Filmtechnik. Allan Grey, ein Student auf der Durchreise, kehrt in der Nähe der französischen Ortschaft Courtempierre in ein Gasthaus ein, wo er Zeuge mehrerer unheimlicher Ereignisse wird. Als er erfährt, dass ein Vampir in der Gegend sein Unwesen treibt und die Tochter eines Schlossherrn in seiner Gewalt hat, beschließt er, einzugreifen.

Aus dem Lexikon des internationalen Films: “Durch die subtile Lichtregie und kaum merkliche Akzentverschiebungen entsteht ein Klima unfaßbarer Bedrohung, in dem sich Traum und Wirklichkeit in ständigem Wechsel durchdringen. Auf raffinierte Weise entzieht sich der Film sowohl den expressionistischen Normen des Fantastischen als auch der naturalistisch-künstlichen Darstellung des Grauens.”

oder aber auch:

Einer der modernsten Horror-/Vampirfilme, die je gedreht wurden. 10 Jahre nach dem Murnau den klassischen Vampirfilm erfand, lieferte Dreyer das moderne Gegenstück. Eine psychologische Parabel über Sehnsucht und Verlangen, ein perfektes Thema für einen Vampirfilm.
Obwohl der Film stumm wirkt, er ist es nicht. Es wird nur kaum gesprochen in diesem frühen Tonfilm. Die wenigen Wörter, die fallen, wirken improvisiert, leise geflüstert, als ob sie nicht zum Hören bestimmt wären. Ob der Film nun Traum oder Wirklichkeit, ob der Held tot oder lebendig ist, all das bleibt offen. Ein Film zum immer wieder eintauchen. Hitchcock sagte dazu: “The only film worth watching twice.”

Und wer es etwas detaillierter möchte:

http://de.wikipedia.org/wiki/Vampyr_–_Der_Traum_des_Allan_Grey

und

http://www.die-besten-horrorfilme.de/horror/film1333-Vampyr–Der-Traum-des-Allan-Grey.csp

 

12. MAI 2011 // “TRACHT & PRÜGEL” Jeans Team DJ Set

Was muss dazu noch gesagt werden?

Schau hier:

Jeans Team

 

by ]

 

13. MAI 2011 // COTZBROCKEN – Ein Klavierabend mit rhythmischer Begleitung und Rezitationen

 

In einem offenen Brief äußert sich einer der Beteiligten wie folgt zu diesem Abend:

 

»Musik ist für mich das ganze Leben. Sie ist mein Ersatz für Unerfülltes.

Das lass ich mir von keinem nehmen. In ihr find ich mich selber wieder.

Musik muß schnell und aggressiv sein. Sonst spricht sie mich gar nicht an.

Dann knall ich sie mir in die Rübe rein. Diese Musik zieht mich in ihren Bann.

Am liebsten geh ich auf Konzert. Da lass ich so richtig die Sau raus

Diese Erlebnisse sind für mich das Wahre. Ich werde kein einziges vergessen

Die Musik macht mich reicher als andere. Sie ist der Inhalt meines Lebens

Für mich ist sie das Optimale. Ich werde immer Punkrock hören

Exploited, Discharge, Reject, Oi, Oi, Oi.«

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

erfreulicherweise begab’ es sich genau zum 30-Jährigen Jubiläum des bahnbrechenden Werkes “Jedem das Seine” von der Gruppe Cotzbrocken aus Köln, als mich der Kneipier Alvaro Rodrigo Piña Otey und der Pianist Thies Mynther in dringendster Hoffnung auf die Mitarbeit der »Künstelrgruppe im Namen des Volkes« in wichtiger Angelegenheit ansprachen.

Einen Klavierabend in der Hamburger Schankwirtschaft »Golem« mit Liedgut eben jener oben erwähnten Musikgruppe müsse abgehalten werden.

Ohne zu zögern, sagte ich in meinen und auch im Namen meines Mitstreiters Rasmus Engler zu. Denn mir ist bewusst, dass er ebenso wie ich den Auftrag zur musikalischen Bildung und Aufklärung der Bevölkerung in seinem Leibe spürt.

Bereits in dem Moment, da ich diese Worte zu Papier bringe, erarbeitet »der Münther« in wilder Hast Klavierauszüge, arrangiert neu, verwirft, hört genauer hin, arbeitet, arbeitet mehr, arbeitet gründlicher und kommt dann kurz vor dem Termin auch zum Ziel seines Auftrages.

Viele berühmte Gäste stehen bereits in den Startblöcken. Unter ihnen ein strammgelockter Sänger, ein griechischer Bongotrommler und eine sagenumwobene Chanteuse. Auch die Künstelrgruppe selbst und sogar der oben erwähnte Wirt werden – teilweise in bahnbrechend witziger Verkleidung – zum Mikrophon greifen um einige Klassiker der besten, schönsten, härtesten und intelligentesten Punkband aller Zeiten in eigener Interpretation neu aufzuführen.

Zu allem Überfluss wird auch der gar nicht so schlechte Film »Randale und Liebe« im extra gebauten Lichtspielhaus der Schenke vorgeführt werden.

Die ohnehin bestens bestückte Bar wird aus gegebenem Anlass feinstes Hansa Bier (Pilsener Brauart) ausschenken.

mit Vorfreude verbleibe ich

Ihr

Jan Klaas Müller (Künstelrgruppe im Namen des Volkes etc. pp)